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LIMINA - Grazer theologische Perspektiven
Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
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48 | www.limina-graz.eu Georg Gasser | „I0I00I0II ... Ich, digital?“ ob jemand noch weiterexistiert oder nicht mehr weiterexistiert. Dennoch ist die Schlussfolgerung Parfits, dass eine eindeutige Zuordnung zwischen einem Individuum vor und den Individuen nach dem Teilungsszenario weder möglich noch überaus bedeutend ist, keinesfalls zwingend, wie die Überlegungen im nächsten Abschnitt zeigen werden: Parfit und Konsor- ten mag dahingehend zugestimmt werden, dass die Relation der Identität in diesen speziellen Fällen keine eindeutigen Antworten zu geben vermag, aber dies impliziert noch nicht, dass auch die Einheitlichkeit unserer Le- bensperspektive, die meist mit Identität assoziiert wird, sich für uns als unbedeutend erweist. Identität, Kontinuität und personale Einheit Die Frage, ob unter metaphysischer Rücksicht Identität oder Kontinuität vorliegt, mag als vornehmlich theoretische Debatte erachtet werden, die für unsere bewusst-praktischen Lebensvollzüge von nachrangiger Bedeu- tung ist. Die folgenden Überlegungen sprechen für diese Annahme. Erstens: Wenn strikte Identität als metaphysische Relation sui generis auf- gefasst wird, die von psychologisch und physikalisch bestimmbaren Phä- nomenen zu unterscheiden ist, dann erweist sie sich – wie Nida-Rüme- lin betont – als nicht beschreibbar („non-descriptive“). Die Folge dieser Nicht-Beschreibbarkeit besteht in dem, was ich als „Problem des fehlen- den Zugriffs“ bezeichne: Wir haben keine Möglichkeit, auf die identitäts- konstituierende Relation zuzugreifen, um sie für unser Verständnis unse- rer Identität in der Zeit nutzbar zu machen. Zweitens: Das Problem des fehlenden Zugriffs begegnet uns auch auf der phänomenologischen Ebene. Selbst wenn ein individueller und unver- wechselbarer phänomenologischer Aspekt der „Meinigkeit“ (vgl. dazu Za- havi/Kriegel 2015) angenommen würde, der z. B. jede Erste-Person-Per- spektive kennzeichnet und von allen anderen Erste-Person-Perspektiven unterscheidet, so haben wir erneut keine Möglichkeit festzustellen, ob die „Meinigkeit“ meiner heutigen Perspektive mit der „Meinigkeit“ meiner gestrigen Erste-Person-Perspektive übereinstimmt. Feststellen kann ich nur, dass ich jetzt epistemisch gute Gründe für die Annahme habe, derselbe wie gestern zu sein, da ich keine wesentlichen phänomenologischen oder sonstigen Veränderungen in meinem Empfinden feststelle und mich klar erinnere, gestern Verschiedenes erlebt und getan zu haben. Dies bedeutet, dass ich mir jetzt Vergangenes aufgrund aktueller Erinnerungen zuschreibe.
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Limina Grazer theologische Perspektiven, Band 3:2
Titel
Limina
Untertitel
Grazer theologische Perspektiven
Band
3:2
Herausgeber
Karl Franzens University Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 4.0
Abmessungen
21.4 x 30.1 cm
Seiten
270
Kategorien
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