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Ulvi Karagedik | Ansätze für eine islamische Speiseethik gemäß den islamischen Primärquellen Koran und Hadith
antwortungsvoll mit dieser umzugehen und seiner Würde gerecht zu wer-
den. In diesem Zusammenhang stellen indirekte Schadensverursachungen
durch Umweltverschmutzung mindestens ein ebenso großes Problem dar
wie direkte Schadensauswirkungen auf andere Menschen. Die Verunreini-
gung der Böden und der Natur durch den übermäßigen Einsatz von Dünge-
mitteln, durch Pestizide oder Mikroplastik, die Abholzung von Regenwäl-
dern, die Pflanzung von Monokulturen, die Überfischung der Ozeane sowie
der ständige Ausstoß von CO2 durch die Industrie und lange Transportwege
sind zu einer ernsthaften Bedrohung für die ganze Menschheit geworden
(vgl. White 2017; Avio/Gorbi/Regoli 2017; Perera 2018).
Die konventionelle und profitorientierte Landwirtschaft führt in vielen
Teilen der Erde dazu, dass die Menschen keinen Zugang mehr zum Trink-
wasser haben, da die Grundwasser zu stark belastet werden (vgl. Lopes-Li-
ma et al. 2018). Mikroplastik durch Müll führt dagegen nicht nur dazu, dass
täglich unzählige Tiere durch Plastik in ihrem Magen verenden, vielmehr
sind die schädlichen Partikel längst in unsere Nahrungskette gelangt und
lassen uns wöchentlich Plastik vom Ausmaß einer Kreditkarte verzehren
(vgl. Kramm/Völker 2019).
Verpackungs- und Einkaufsverhalten sowie Billigproduktion aufgrund
von Profitgier verursachen aus theologischer Sicht also nicht nur Schaden,
sondern gefährden auch die Gesundheit und den Schutz des Lebens. Somit
ist die Reinheit und Erlaubtheit entsprechender Produkte ebenfalls frag-
würdig und aus islamisch-speiseethischer Sicht höchst kritisch zu werten.
Lösungen des Problems werden dagegen oft mit dem Argument zurück-
gewiesen, dass Abholzung und Umweltverschmutzung ohnehin geschehen
und man keinen Einfluss auf die Entscheidungen sowie die Produktions-
weisen großer Konzerne nehmen könne. Dabei sind es gerade die Kaufent-
scheidungen Einzelner, die in diesem Zusammenhang Änderungen her-
vorrufen können. Die Formel für den Erwerb zweifelsfreier Ḥalal-Speisen
könnte lauten, möglichst auf Bio-Produkte zurückzugreifen, saisonale so-
wie regionale Nahrung zu bevorzugen, Glas-, Papier- oder Mehrwegver-
packungen vorzuziehen und weniger abgepackte Produkte zu kaufen.
Indirekte Schadensverursachungen
durch Umweltverschmutzung
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven