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Ulvi Karagedik | Ansätze für eine islamische Speiseethik gemäß den islamischen Primärquellen Koran und Hadith
In der islamischen Mystik spielt beispielsweise die Zügelung der Triebsee-
le (Riyāḍa), nach welcher die Speisen sorgfältig auszuwählen sind und der
Nahrungsverzehr stark reduziert wird, eine wichtige Rolle (vgl. Al-Ghazālī
1998, Bd. 1). Essensreduktion als mystische Praxis (Ḫalwa) mache adäqua-
te Gottesdienste erst möglich, führe zu innerer Erleuchtung und zur Erlan-
gung der Weisheit (vgl. Göktaş 2012), die nicht mit vollem Magen erlangt
werden könne (vgl. al-Qušayrī 1995).
3.6 Hygiene
Der zentrale Stellenwert von Hygiene und Sauberkeit im Islam kommt in
bekannten Prophetenaussprüchen zum Ausdruck: „Sauberkeit ist die Hälf-
te des Glaubens“ (Muslim: Ṭahāra, 223; 432); „Gott ist gut und liebt das
Gute, und Er ist sauber und liebt die Sauberkeit“ (At-Tirmiḏī: ʾadab, 2799;
3029). In Bezug auf die Speiseethik lehrte der islamische Prophet, vor und
nach dem Essen die Hände zu waschen (vgl. an-Nasāʾī, Ṭahāra, 257; 258),
nach dem Speisen den Mund zu säubern (vgl. Al-Buḫārī: Ğihād, 2981; 190;
224), heruntergefallene Nahrungsmittel vor dem Verzehr zu reinigen (vgl.
At-Tirmiḏī: ʾaṭʿima, 1769; 10) und Mundgeruch zu vermeiden (vgl. Al-
Buḫārī: ʾaṭʿima, 5452; 81; 363; Muslim: Masğid, 564; 90; 1145).
Wie aus diesen Vorgaben ersichtlich wird, kann die Sauberkeit beim Essen
zuhause als ebenso wichtig erachtet werden wie die Hygiene in der Nah-
rungsmittelproduktion oder die Vermeidung übler Gerüche.
3.7 Konsum von tierischen Produkten und Fleisch
Koranische Prinzipien zum Fleischkonsum – Gesundheit und Ritus
Im Koran finden sich nur sehr wenige Einschränkungen in Bezug auf den
Konsum von tierischen Produkten und Fleisch. Dazu heißt es:
„Verboten ist euch Verendetes, Blut, Schweinefleisch, das, worüber an-
deres als Gott angerufen worden ist, Ersticktes, Erschlagenes, Gestürz-
tes und Gestoßenes, was ein Raubtier angefressen hat – nicht, was ihr
schächtet – und was auf einem Opferstein geschlachtet worden ist.“
(Koran, 5: 3)
„Esst aber nicht von dem, worüber nicht Gottes Name gesprochen wor-
den ist! Das ist Frevel.“ (Koran, 6: 121)
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven