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Agnethe Siquans | „Die Speise des Wortes Gottes essen“
„Also berührt auch der das Fleisch des Wortes Gottes, der dessen Inne-
res untersucht und die verborgenen Mysterien erklären kann. Und wenn
auch wir ein solches Verständnis hätten, dass wir die Einzelheiten, die
im Gesetz aufgeschrieben sind, durch eine geistige Deutung unterschei-
den und das versteckte Geheimnis jedes einzelnen Wortes in das Licht
einer genaueren Erkenntnis führen könnten; wenn wir so die Kirche leh-
ren könnten, dass nichts von dem, was gelesen wurde, zweideutig bliebe,
nichts unklar zurückgelassen würde, könnte vielleicht auch über uns ge-
sagt werden, dass wir das heilige Fleisch des Wortes Gottes berührt haben
und geheiligt worden sind.“ (in Lev. hom. 4,8)
Hier wird deutlich, dass auch das „Gesetz“, die Tora, Wort Gottes ist, al-
lerdings nur, wenn es „geistig“ verstanden wird. Dieser geistige Sinn ist
verborgen und muss gesucht werden. Deshalb spricht Origenes immer wie-
der vom Mysterium und Geheimnis des Wortes Gottes. Das Aufdecken und
Erklären dieses Mysteriums betrachtet er als seine Aufgabe als Prediger
und Lehrer. Vom Essen des Fleisches ist zunächst nicht die Rede. Das Op-
fer(fleisch) muss aber aufgenommen werden. Das geschieht hier durch Be-
rühren, an anderen Stellen aber durch Essen. Um verträglich zu sein, muss
das Fleisch außerdem aufbereitet werden, konkret durch Lehre. In Homilie
4,10 heißt es, dass die Priester den Buchstaben des Gesetzes brechen und
„die geistige Speise, die im Inneren verborgen ist“, hervorlocken. Wie-
derum bringt Origenes die „Opferstücke“ mit Jesus in Verbindung, der als
Lehrer präsentiert wird, der die Menge sättigt:
„[…] damit die zuhörende Menge gestärkt wird, so wie in den Evange-
lien berichtet wird, dass es auch der Herr gemacht hat, als er die Brote
segnete und sie den Jüngern gab und die Jünger sie zerbrachen und der
Menge vorsetzten; und als alle gesättigt waren, heißt es, ‚waren zwölf
Körbe von Stücken übrig‘. (Mt. 14,20) Das ist also das ‚Opfer aus Stücken‘
(Lev. 6,14), wenn wir nach und nach untersuchen, was das Heilige des
Gesetzes ist, damit wir daraus geistige und reine Speise zu uns nehmen.“
(in Lev. hom. 4,10)
Wiederum wird explizit auf das geistige Verständnis des Gesetzes Bezug
genommen. Stets achtet Origenes genau auf alle Details des Bibeltextes, in
diesem Fall die Erwähnung von Stücken, die auf die Aufbereitung des Wor-
tes Gottes für die Gläubigen durch die Lehrenden gedeutet wird.
Jesus als Lehrer, der die Menge sättigt
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven