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Agnethe Siquans | âDie Speise des Wortes Gottes essenâ
Speisen essen muss und âim UngesĂ€uerten der Aufrichtigkeit und Wahr-
heitâ (1 Kor. 5,8) auslegen muss.ââ (in Lev. hom. 4,9 zu Lev 6,8)
Die WiederkÀuer gelten nach Lev 11,3 als reine Tiere. So vergleicht Origenes
hier auch seine Zuhörer/innen mit solchen, wenn sie sich mit der Schrift
und ihrem geistigen VerstÀndnis beschÀftigen. Obwohl Origenes vom
Priestertum aller GlÀubigen ausgeht (vgl. Siquans 2021, I.5.3), schreibt er
den Bischöfen und Presbytern, die er mit der biblischen Bezeichnung Pries-
ter meint, eine besondere Verantwortung insbesondere in der Vermittlung
des göttlichen Wortes zu. Sie sind gebildeter und weiter in der spirituellen
Erkenntnis fortgeschritten, sodass sie die GlÀubigen beim Verstehen der
Schrift weiterfĂŒhren können, wo diese an ihre Grenzen stoĂen. Interessant
ist, dass diese Kompetenz wiederum mit einem Bild vom Essen verbunden
wird: Bei dem im Zitat von 1 Kor 5,8 genannten âGesĂ€uertenâ handelt es
sich um Brote. UngesÀuerte Brote werden mehrfach in Levitikus erwÀhnt
(z. B. Lev 2,4). Brote, die als Opfergaben dargebracht werden, sind stets un-
gesÀuerte Brote. Es handelt sich hier also um ein besonderes Brot, das als
Opfergabe und fĂŒr den Gebrauch am Heiligtum geeignet ist. Von daher wird
auch das ungesĂ€uerte Brot als Bild fĂŒr das höhere VerstĂ€ndnis der Schrift
herangezogen, das den Priestern zugÀnglich ist und das sie den GlÀubigen
vermitteln sollen.
Speise fĂŒr den NĂ€chsten sein
HĂ€ufig bewegen sich die allegorischen oder typologischen Deutungen des
Origenes auf zwei Ebenen: Er kann eine biblische Aussage auf Christus und
parallel dazu in einer weiteren Auslegung auf die christlichen GlÀubigen
beziehen. Auch in diesem Abschnitt geht es um die reinen und unreinen
Tiere. Allerdings holt Origenes hier ein wenig weiter aus und stellt grund-
sĂ€tzliche Ăberlegungen an. Im folgenden Textabschnitt deutet er, wie des
Ăfteren, Joh 6 als Aussagen ĂŒber das Wort, also die Lehre Jesu. Er âtrĂ€nkt
und erquicktâ durch das âFleisch und Blutâ seines Wortes die Menschen.
Kurz danach spricht Origenes von der Speise, die alle Menschen in sich tra-
gen und an ihre NĂ€chsten weitergeben.
âUnser Herr und Erlöser sagt: âWenn ihr nicht mein Fleisch esst und mein
Blut trinkt, werdet ihr nicht das Leben in euch haben. Denn mein Fleisch
ist wahrlich eine Speise und mein Blut ist wahrlich ein Trank.â (vgl. Joh.
6,53.55) Weil Jesus also ganz und gar rein ist, ist sein ganzes Fleisch eine
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven