Seite - 139 - in Limina - Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
Bild der Seite - 139 -
Text der Seite - 139 -
137 | www.limina-graz.eu
Dilek Bozkaya und Alfred Garcia Sobreira-Majer | Interreligiöses Lernen am Buffet
Brot und Wein
Ein Akt des Essens und Trinkens steht im Zentrum des christlichen Gottes-
dienstes und ist hochtheologisch aufgeladen: Im Herrenmahl (Abendmahl,
Eucharistie) essen Christ:innen ein Stück (ungesäuertes bzw. gesäuertes)
Brot und trinken einen Schluck Wein und empfangen damit Leib und Blut
Christi. Wie dabei die Beziehung zwischen den Elementen und der Person
Jesu Christi zu verstehen ist, wird in den Konfessionen unterschiedlich ge-
deutet und hat in der Reformation zu heftigen und folgenschweren theo-
logischen Auseinandersetzungen geführt (vgl. Kaufmann 1998, 24–27).
Der Ursprung des Herrenmahls liegt im letzten Mahl, das Jesus zu Pessach
in Jerusalem mit seinen Jüngern gefeiert hat (vgl. Lehmeier 2017, 1–3), und
in den Tischgemeinschaften Jesu mit seinen Jünger:innen, in die er auch
„Sünder und Zöllner“ aufgenommen und damit die Grenzen von rein und
unrein überwunden hat. Nach den Osterberichten sind diese mit seinem
Tod nicht einfach zu Ende, sondern setzen sich in einzelnen Mahlfeiern mit
dem Auferstandenen fort (vgl. Hahn 1998, 10–15).
Für die christlichen Gemeinden nimmt das Herrenmahl von allem Anfang
an einen festen Platz ein. Sie essen und trinken in der Gewissheit der Ge-
genwart des auferstandenen Herrn, sie wissen sich in seinen erlösenden
Tod hineingenommen und blicken mit Freude auf die Vollendung der Welt
und die Wiederkunft Christi (vgl. Lehmeier 2017, 5–7). Soziale Spannungen
sollten dabei überwunden sein. Sie traten aber gerade hier deutlich zutage,
wie man aus einem Brief des Apostels Paulus erfährt (1 Kor 11,17–34): In der
Gemeinde in Korinth gingen die Armen bei den Abendmahlsfeiern nahezu
leer aus, weil sie erst später dazukommen konnten und dann vom gemein-
samen Mahl für sie kaum noch etwas übriggeblieben war. Die wenigen Be-
güterten hatten schon ihr Gelage gefeiert und die Armen kamen nur noch
zu Brot und Wein zurecht (vgl. Hahn 1998, 12–13). Das sei kein „Abendmahl
des Herrn“, das diesen Namen verdienen würde (1 Kor 11,20), schreibt der
Apostel Paulus ermahnend an die Gemeinde. Wer seine armen Brüder und
Schwestern verachte, erweise sich für die Gemeinschaft als unwürdig, die
Jesus Christus im Herrenmahl schenke. Dieser Vorfall macht deutlich, dass
im Zusammenhang mit Essen und Trinken damals wie heute die sozialen
Benachteiligungen sichtbar werden und diese auch in einer christlichen
Gemeinde nicht überwunden sein müssen (Theißen 1974).
Das Herrenmahl im Zentrum des christlichen Gottesdienstes
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven