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Dilek Bozkaya und Alfred Garcia Sobreira-Majer | Interreligiöses Lernen am Buffet
ihre Bezugsreligion austauschen (vgl. Boehme 2019; Garcia Sobreira-Ma-
jer 2019a, 307–325).
Die Präsentation der Speisen durch Angehörige der jeweiligen Religion
ist sicherlich die angemessenste Form. Wo dies nicht möglich sein sollte,
muss durch Medien (z. B. Texte oder Filme mit personalisierten Aussagen)
die Bedeutung der Speisen in ihrem religiösen Kontext vermittelt werden.
Erste Möglichkeit: Einladung zum Fest
Eine Religionsunterrichtsgruppe lädt andersreligiöse Schüler:innen an-
lässlich eines religiösen Festes zu einer Feier ein, die unter anderem auch
„kulinarisch“ gestaltet ist: zu einer Weihnachtsfeier mit Weihnachtsge-
bäck; zu einer Aşure-Suppe nach der Trauerfastenzeit Muharrem; zu einer
Iftar-Feier im Monat Ramadan, um nur einige Beispiele zu nennen. Denn
Speisen in religiösen Zusammenhängen haben ihre Zeit. Wer eine andere
Religion durch ihre Speisen präsentieren will, sollte sich am Festtagsjah-
reskreis dieser Religion orientieren, sonst wirkt es etwas künstlich.
Wichtig erscheint dabei der festliche Rahmen einer Feier mit Texten, Lie-
dern und Erklärungen für die Gäste, in dem die Speisen ihren stimmigen
Ort finden. Solche Feiern könnten einem Schuljahr einen eigenen interre-
ligiösen Rhythmus geben. Zu beachten ist dabei allerdings, dass sich die
Gäste nicht in irgendeiner Wese vereinnahmt fühlen.
Zweite Möglichkeit: Interreligiöser Begegnungstag mit Stationenbetrieb
und Verkostung
Anders ist es, wenn an einem interreligiösen Begegnungstag Schüler:innen
einander an Stationen ihre Feste vorstellen, zum Beispiel Ostern, Rama-
danfest, Reformationsfest usw. (vgl. Boehme 2019; Garcia Sobreira-Majer
2019b).10 Auch dabei kann die Darstellung mit einer Verkostung der pas-
senden Speisen verbunden sein.
Bei diesem Modell steht nicht der Feier
charakter im Vordergrund, sondern
das Kennenlernen der einzelnen religiösen Feste, die die verschieden-
religiösen Schüler:innen einander vorstellen. Die Verkostung von weih-
nachtlichen Zimtsternen, von Oster
eiern oder anderem hat allerdings den
Nachteil, dass sie vermutlich nicht der Kirchenjahreszeit entsprechen und
der unmittelbare Feierzusammenhang weniger deutlich wird als im ersten
Modell.
10 Mit Stationen zu diesen und an-
dern Festen fand 2019 ein interreli-
giöser Begegnungstag mit 5. Klassen
eines Gymnasiums in Wien statt,
wobei der Aspekt des Verkostens al-
lerdings keine zentrale Rolle spielte.
Beteiligt waren der katholische, der
evangelische, der orthodoxe, der
muslimische und der alevitische
Religionsunterricht sowie das Fach
Ethik. Der Begegnungstag wird
derzeit an der KPH Wien/Krems
im Projekt „Interreligiöses Begeg-
nungslernen an Schulen – eine Eva-
luationsforschung“ untersucht, vgl.
https://www.kphvie.ac.at/forschen-
entwickeln/spezialforschungsbe-
reich-interreligiositaet/projekte.
html [31.05.2021].
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven