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Michael Aldrian | Ahara – Nahrung
kommen werden, es jemals zu befriedigen wird nicht gelingen. Das Los-
lassen oder „Verlöschen“ der Gier kennzeichnet nun die dritte Wahrheit:
nirvana (verlöscht, gestillt, gelöst). Dieses große Ziel des Loslassens ist
aber nicht sofort zu erreichen, es bedarf des Übungsweges, bis all die An-
haftungen und Gewohnheiten durchschaut und losgelassen sind. Diesen
Weg (marga/magga) beschreibt die vierte Edle Wahrheit. Dann erst schme-
cken wir samadhi, die köstliche Selbst-Vergessenheit.
3 Geistige Willensäußerungen, die Karma erzeugen: das Opfer und
das kultische Mahl
„Der geistige Wille (g Karma: Handlung) ernährt [züchtet, verursacht]
die Wiedergeburt.“ (Nyānatiloka 1999 [1952], 18)
„Ihr Leute von Dingri: Ursache und Wirkung, das Heranreifen der Hand-
lungen, ist wirklich gewiß; haltet euch von negativem Handeln zurück!“
(Padampa Sangye, Vers 12)
Die Reform der vedischen Tieropfer zugunsten von „Opferkuchen“ aus Ge-
treide, die kein Blut zur „Aktivierung“ des Opfers benötigten, ist dem Bud-
dha zu verdanken. Die wahrhafte Überwindung des Blutopfers gründet in
der Frage, wie aus dem Leid anderer ein Wohl für mich entstehen soll. Im
Kontext der vedischen Kultur, in welcher Nahrungsopfer – sowohl im Sin-
ne der Gastfreundschaft als auch im religiösen Sinne – sehr wichtig waren,
ist es nicht verwunderlich, dass Äquivalente auch in den buddhistischen
Traditionen zu finden sind (vgl. Dahlke 1960, 258–264).
Während das Opfer ursprünglich der Besänftigung der Götter oder Dämo-
nen diente oder als Dank für eine gute Ernte dargebracht wurde, ist das
Darbringen von Opfergaben an den Buddha ein rein symbolischer Akt. Der
Buddha ist nicht woanders, er ist kein Gott, dem mit einem Opfer gedient
wäre, sondern Buddha ist ein Bewusstseinszustand des Erwachens, und die
Gabe ist eine Erinnerung an die jedem fühlenden Wesen innewohnende Fä-
higkeit, diesen Zustand ebenfalls verwirklichen zu können.
Das Darbringen von Opfergaben an den Buddha
ist ein rein symbolischer Akt.
Limina
Grazer theologische Perspektiven, Band 4:2
- Titel
- Limina
- Untertitel
- Grazer theologische Perspektiven
- Band
- 4:2
- Herausgeber
- Karl Franzens University Graz
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- Abmessungen
- 21.4 x 30.1 cm
- Seiten
- 214
- Kategorien
- Zeitschriften LIMINA - Grazer theologische Perspektiven