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Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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Naiver Realismus? Zur GegenstĂ€ndlichkeit des Sammelns    15 vermeintlich solides empirisches Fundament zu stellen, mit einer Ablehnung der avancierten theoretischen Reflexionen der letzten Jahrzehnte einhergeht.2 Dem reduktiven WeltverstĂ€ndnis des metaphysischen Realismus gelten nur diejenigen Objekte als relevant, die eindeutig voneinander abgrenzbar und frei von subjekti- ver Einmischung analysierbar sind. Ihm entsprechen typischerweise Ontologien der „moderate sized specimens of dry goods“ (Austin 1962, 8), die schon mit der Einbettung der ‚festen‘ GegenstĂ€nde in Prozesse Schwierigkeiten haben, zu schweigen von Prozessen als Objekten eigenen Rechts.3 An intellektueller UnattraktivitĂ€t steht das spiegelbildliche Pendant zum metaphysischen Realismus diesem in nichts nach. Der metaphysische Antirealis- mus leugnet die Existenz einer jeden ‚Àußeren‘, vom Subjekt unabhĂ€ngigen Welt. Indes bekrĂ€ftigt er genau dadurch die metaphysische Teilung von Subjekt und Objekt. Der metaphysische Antirealismus entspricht in seinen heutigen Spielar- ten im Wesentlichen einem extremen Konstruktivismus. Seine letzte Glanzzeit feierte er in der Übernahme der Luhmann’schen Systemtheorie in Bereiche, die sich zuvor mit historistischen und hermeneutischen Positionen begnĂŒgt hatten. Überraschend ist das nicht: Die Geisteswissenschaften sind aus der Philosophie Kants entstanden und haben von Beginn an die Frage nach der Erkenntnis des Gegenstands (Epistemologie) gegenĂŒber der Frage nach dem Gegenstand der Erkenntnis (Gnoseologie) privilegiert. Das gilt nicht zuletzt fĂŒr die Hermeneutik, die, mit Peter Szondi gesprochen, nicht nach dem Gegenstand, sondern nach der Erkenntnis ihres Gegenstandes fragt (Szondi 1978, 263–264). Zum metaphysischen Realismus und Antirealismus gibt es zwei antimeta- physische GegenstĂŒcke, die seit einiger Zeit die Geisteswissenschaften erobert haben bzw. erobern wollen: antimetaphysischer Antirealismus und antimetaphysi- scher Realismus. Der antimetaphysische Antirealismus interpretiert die Welt und 2  Der metaphysische Realismus taucht immer wieder an unerwarteten Stellen auf, auch die mo- dernste Verpackung darf nicht darĂŒber hinwegtĂ€uschen. Viele AnsĂ€tze etwa der Digital Humani- ties hĂ€ngen von ihm ab. In Franco Morettis bekannter Aufsatzsammlung Distant reading etwa, die versuchte, aus dem Geist der positivistischen italienischen Philologie die US-amerikanische Kultur des close reading zu unterlaufen, werden die Studienobjekte notwendigerweise immer schon als gegeben angesehen; auch der eigene epistemologische Standpunkt wird nicht mehr problematisiert (vgl. Moretti 2013). 3  Schon in einer der wichtigsten neueren Ontologien wies Nicolai Hartmann auf den letztlich aus der alten Substanzlehre stammenden Grundfehler hin, RealitĂ€t schlechthin mit rĂ€umlich bestimmter Materie zu verwechseln. Zeit sei fĂŒr sie wesentlicher, da auch geistige und individu- elle Prozesse an sie geknĂŒpft seien: „Die wahren Merkmale der RealitĂ€t hĂ€ngen nicht an den Kategorien des Raumes und der Materie, sondern an denen der Zeit und der IndividualitĂ€t“ (Hartmann 1949, 22).
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Logiken der Sammlung Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Titel
Logiken der Sammlung
Untertitel
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Autoren
Petra-Maria Dallinger
Georg Hofer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-11-069647-9
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
202
Schlagwörter
Archiv, Nachlassinventar
Kategorien
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