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Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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52    Li Gerhalter 1  Historiographische Hintergrundfolien der Entstehung von Sammlungen für Selbstzeugnisse Seit den 1970er-Jahren fand in den Sozial- und Geisteswissenschaften der viel- zitierte Paradigmenwechsel statt, der u. a. eine Verschiebung der Auf merksamkeit „von quantifizierenden zu qualitativen, von systemtheoretischen zu lebenswelt- lichen, von makro- zu mikrohistorischen Forschungsansätzen“ mit sich brachte (Müller 1997, 302). „In jeder Lebensgeschichte steckt Weltgeschichte“, formulierte der Sozialhistoriker Michael Mitterauer den Grundriss dieser geänderten Sicht- weise (Mitterauer 1991, 18). Er deklarierte hier ein radikal gewandeltes Geschichts- bewusstsein, das schließlich nichts weniger zum Ziel hatte, als ein neues offiziel- les Geschichtsbild. Ausgehend vom englischsprachigen Raum, dem die australische Historikerin Barbara Caine einen regelrechten „biographical turn“ attestiert hat (Caine 2010, 23), wurden biografisch ausgerichtete Arbeiten ab den 1980er-Jahren auch in der deutschsprachigen Geschichtsforschung etabliert (vgl. dazu u. a. Hämmerle 2003). Zentrale Impulse kamen auch aus der Volkskunde bzw. Europäischen Eth- nologie. Nachhaltig rezipiert wurde dabei etwa der von Bernd Jürgen Warneken geprägte Begriff der „popularen Autobiographik“ (Warneken 1985). Gemeint ist damit das Schreiben von Personen aus bildungsferneren Schichten, also jenen SchreiberInnen, die von den Literaturwissenschaften nicht (oder kaum) in ihren Fokus genommen werden. Auch in der Geschichtsschreibung hatte die Schwerpunktsetzung auf ‚große Ereignisse‘ und ‚bedeutende‘ Männer aus Politik, Kunst, Wissenschaft, Wirt- schaft oder dem Militär entsprechende Maßstäbe dafür geprägt, welche Men- schen nicht historisch beforscht wurden: Frauen im Allgemeinen, aber auch Männer aus den mittleren und unteren Gesellschaftsschichten sowie Angehörige sogenannter Minderheiten oder jeglicher marginalisierter Gruppen waren schlicht weg nicht von wissenschaftlichem Interesse gewesen. Entsprechend haben sie auch kaum Spuren in den hegemonialen Archiven und Museen des modernen Staates hinterlassen – Herrschaftsquellen wie etwa Gerichtsakten aus- genommen. Durch die jetzt formulierten sozial-, mikro- oder frauengeschichtlichen Fra- gestellungen wurden genau jene von der Ereignis- und Strukturgeschichte bisher wenig beachteten historischen AkteurInnen in den Mittelpunkt gestellt. Gefragt wurde dabei nach ihren subjektiven Meinungen, ihren Wahrnehmungen und Erfahrungen. Alleine: Welche Quellen gab es dazu? In den herkömmlichen Sammlungen eher keine. Die ForscherInnen waren also gefordert, erfinderisch zu sein. Als eine Möglichkeit wurden Methoden entwickelt, die gesuchten Informa- tionen mit „Oral-History-Interviews“ selbst zu generieren. Als eine zweite Mög-
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Logiken der Sammlung Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Titel
Logiken der Sammlung
Untertitel
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Autoren
Petra-Maria Dallinger
Georg Hofer
Verlag
De Gruyter Open Ltd
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-11-069647-9
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
202
Schlagwörter
Archiv, Nachlassinventar
Kategorien
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