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Selbstzeugnisse sammelnâ â
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Die bunte Landschaft historisch ausgerichteter Sammlungen
fĂŒr Selbstzeugnisse
Eingangs wurde bereits der betrĂ€chtliche Umfang der mittlerweile verfĂŒgbar
gemachten QuellenbestÀnde festgestellt. Schriftliche Ego-Dokumente liegen zum
Teil in Spezialsammlungen vor, wovon im deutschsprachigen Raum bislang drei
entstanden sind. Im Deutschen Tagebucharchiv in Emmendingen in SĂŒddeutsch-
land waren 2019 Selbstzeugnisse von gut 4.600 Personen verzeichnet. In der
Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen an der UniversitÀt Wien
waren es Texte von ebenfalls mehr als 4.000 SchreiberInnen. Die Sammlung
FrauennachlÀsse hatte 2019 ihrerseits die schriftlichen Vor- oder NachlÀsse von
429 Personen archiviert, die unter anderem 1.313 TagebuchbÀnde, ca. 56.600 Kor-
respondenzschriftstĂŒcke oder ca. 78.350 Fotografien enthalten haben. Im Jahr
2015 wurde mit dem European Ego-Documents Archives and Collections Network
(EDAC) ein europaweites Netzwerk einschlĂ€giger Einrichtungen gegrĂŒndet, das
aktuell insbesondere dem fachlichen Austausch dient (vgl. Gerhalter und HĂ€m-
merle 2018).
Parallel dazu wurden in zahlreichen Einrichtungen, die eigentlich einen
anderen Fokus verfolgen bzw. die einen anderen Sammlungsauftrag haben,
ebenfalls BestÀnde von Selbstzeugnissen aufgebaut. Zu nennen wÀren hier exem-
plarisch alle österreichischen Landesarchive6 oder die Handschriftensammlung
in der Wienbibliothek im Rathaus, das Biographie-Archiv von Walter Kempowski
(jetzt als Teil des Archivs der Akademie der KĂŒnste in Berlin) oder die Feldpost-
sammlung im Kommunikationsmuseum Berlin, die 2019 gut 120.000 Schrift-
stĂŒcke umfasste. Die Deutsche Auswandererbriefsammlung Gotha an der For-
schungsbibliothek Gotha der UniversitÀt Erfurt enthÀlt mehr als 10.000 Briefe
von und nach Nordamerika aus dem Zeitraum von 1820 bis 1990. Neben den Spe-
zialsammlungen lese ich gerade jene BestÀnde, die abseits der hauptsÀchlichen
ArchivtÀtigkeit ihrer Einrichtungen entstanden sind, als Ausdruck des oben skiz-
zierten âbiographical turnsâ. Selbstzeugnisse sind inzwischen opportun.
Zuletzt wurde von einigen Einrichtungen damit begonnen, die dokumentier-
ten Genres um sogenannte âHome Videosâ bzw. âprivateâ oder âAmateur-Filmeâ
zu erweitern, wobei im Rahmen dieser Projekte in kĂŒrzester Zeit enorm umfang-
reiche BestÀnde aufgebaut werden konnten.7 Spezifische Herausforderungen
6â Beispiele sind die BestĂ€nde âNetzwerk Memoriaâ sowie âWeitere BestĂ€nde: Sammlungen und
NachlĂ€sse 1 und 2â im Oberösterreichischen Landesarchiv.
7â Beispiele sind die Projekte Home Movie Day des Filmmuseums Ăsterreich (seit 2010), Wiener
Video Rekorder an der Ăsterreichischen Mediathek (2013â2016) sowie die Sammlungen des Film-
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik