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Dominik Srienc
Kleine Literaturen – kleine Archive?
Zur Lesung und Sammlung der Kärntner slowenischen Literatur
1 Einleitung
Das Thema meines Beitrags führt die Überlegungen eines an der Universität Graz
durchgeführten Forschungsprojekts zur Zweisprachigen literarischen Praxis der
Kärntner Slowenen nach 19911 weiter und geht auf konzeptionelle Linien meiner
sich in Arbeit befindlichen Dissertation zum Gestus des literarischen Schreibens bei
Florjan Lipuš (vgl. https://www.aau.at/musil/literaturforschung/schreibprozess-
forschung/) zurück. Ausgehend von den kulturellen, sprachlichen und institutio-
nellen Gegebenheiten, wird eine erstmalige Bestandsaufnahme einer ‚kleinen‘
Literatur, wie jener der literarischen Produktion Kärntner slowenischer Autoren,
innerhalb der ‚großen‘ Archivlandschaft vorgenommen.
Als Mitarbeiter des Robert-Musil-Instituts für Literaturforschung/Kärntner
Literaturarchivs (RMI/KLA), einer der entscheidenden Institutionen des kulturel-
len Gedächtnisses in der Archivlandschaft dieser Region, spreche ich a posteriori
und urteile auf Basis einer Selbsterfahrung. Durch die Tätigkeit am Kärntner Lite-
raturarchiv, in dessen Zuständigkeitsbereich mir die Aufgabe obliegt, literarische
Nachlässe Kärntner slowenischer Autoren zu sammeln, bin ich im Archivdiskurs
mitgemeint und der Logik der Sammlung mit eingeschrieben. Beide, der Gestus
des Sammelns und der des Archivierens, stehen in einem Zusammenhang.2 Arlette
Farge spricht davon, dass Archive stets Archivare voraussetzen, also „eine Hand,
die sammelt und klassifiziert“ (Farge 2011, 8). „Es liegt auf der Hand“, so heißt es
bei Foucault, „daß man das Archiv einer Gesellschaft, einer Kultur […] nicht
erschöpfend beschreiben kann […]. Auf der anderen Seite ist es uns nicht möglich,
unser eigenes Archiv zu beschreiben, da wir innerhalb seiner Regeln sprechen“
(Foucault 2000, 493). Dennoch erlaubt mir meine Position als Literaturwissen-
1 Im Beitrag wird offenen Forschungsfragen nachgegangen, die im Rahmen des FWF-Projekts
Die zweisprachige literarische Praxis der Kärntner Slowenen nach der Einstellung des mladje
(1991) und ihre Position im überregionalen literarischen Interaktionsraum entstanden sind. Im
Rahmen des Projektes wurden erstmals auch die Archive der Literatur der Kärntner Slowenen
geöffnet.
2 Zur Gegenüberstellung von Archiv und Sammlung siehe Schenk (2014, 79) sowie Friedrich
(2016, 152–162).
Open Access. © 2020 Dominik Srienc, publiziert von De Gruyter. Dieses Werk ist lizenziert
unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 Lizenz.
https://doi.org/10.1515/9783110696479-007
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik