Seite - 92 - in Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
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92â â Dominik Srienc
schaftler, Archivar, zweisprachiger Autor und Ăbersetzer, Leser und Sammler, die
Grenzen meiner AussagekrÀftigkeit zu bestimmen.
Nehmen wir die Themen des Sammelns, insbesondere literarischer Nach-
lÀsse der KÀrntner slowenischen Literatur, in den Blick, stehen Literaturarchive
als Institutionen des kulturellen GedÀchtnisses zur Diskussion. Das Interesse gilt
der âepistemischen Relevanzâ, der âBedeutung der Sammlungen als Manifesta-
tion von Wissensordnungenâ (Hassler und Meyer 2014, 7). âSammlungenâ, so Uta
Hassler und Torsten Meyer weiter, âzeigen den epistemischen Charakter der
Objekte wie auch ihr âZusammenspielâ â wir sehen ihre Rechtfertigung als gedach-
tes Kollektiv wissenschaftlichen Interesses, ihrer Genealogie und Konstruktionâ
(Hassler und Meyer 2014, 7). Das Archiv als GedÀchtnisinstitution, die sammelt,
um zu bewahren, spielt in diesem Sinn eine zentrale Rolle. Wirft man einen Blick
in Literaturarchive, wird klar, dass BestÀnde von KÀrntner slowenischen Autoren
eine periphere Position einnehmen. Dies mag nicht zuletzt daran liegen, dass die
literarische Produktion der slowenischen Minderheit in KĂ€rnten, die sowohl dem
österreichischen als auch dem slowenischen Literatursystem zugeordnet werden
kann, von vornherein an zwei spezifische (Sammel-)Territorien gebunden ist und
an den verÀnderten Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen
dieser Literatur nach 1991.3
Magnus Wieland bietet im Aufsatz Vom Witz des Sammelns einen his
torischen
und systematischen Ăberblick ĂŒber das âSammelnâ und leitet den Begriff her von
der germanischen Etymologie als âZusammenfĂŒhren von Dingen gleicher oder
Ă€hnlicher Beschaffenheit an einem Ortâ (Wieland 2017, 28). Um dem Geheimnis
des Sammelns auf die Spur zu kommen, bedienen wir uns neben der deutschen
Etymologie zusÀtzlich der slawischen, dadurch lassen sich feinere Differenzie-
rungen bringen. Etymologisch steckt im slowenischen Wort zbirati (sammeln)
das altkirchenslawische bŃrati, in dessen Wurzel nesti (tragen) steckt. Ăber die
Bedeutung prinesti und prinaĆĄati (bringen) entwickelte sich in allen slawischen
Sprachen der Begriff zbirati (sammeln). Der slowenische Begriff Äitati (lesen)
stammt vom lateinischen leggere (lesen), beide Begriffe brati und Äitati bedeute-
ten ursprĂŒnglich âsammelnâ, âdas Sammeln von Buchstabenâ. Aus dem Infinitiv
brati (lesen) entstand auch der beraÄ (der Bettler), dessen Etymologie ursprĂŒng-
lich âder Sammlerâ, der âWeinleserâ bedeutete, im Sinne einer Person, die Dinge
aufliest und aufsammelt. Im historischen Slowenisch-Deutschen PleterĆĄnik-
Wörterbuch, das Peter Handke als Vorbild fĂŒr die Wiederholung diente, bedeutet
zbirati zusammenlesen. Im Folgenden soll nun von beiden zugeschriebenen
3â
Zur Problemstellung des Begriffs âKĂ€rntner slowenische Literaturâ vgl. grundlegend Leben
(2019) und spezifisch Srienc (2019).
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik