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Kleine Literaturen – kleine Archive?
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Zgodbe o čuših/Tschuschengeschichten; Odstranitev moje vasi/Beseitigung meines
Dorfes; Prošnji dan/Bittag; Srčne pege/Herzflecken bis hin zu Stesnitev/Verdächti-
ger Umgang mit dem Chaos. Das Archiv von Florjan Lipuš ist ein Papierarchiv. Es
umfasst beschriebene Schulhefte, Manuskripte (mit den für den Schreibprozess
von Lipuš charakteristischen, hunderte Seiten langen, mit weichem Blei stift
geschwärzten Manuskriptseiten); Reinschriften, Typoskripte, Vorabdrucke, Über-
setzungstyposkripte, Korrespondenzen, Lebensdokumente wie etwa Schulunter-
lagen aus Tanzenberg oder die oben erwähnte Rede zur Eröffnung des RMI/KLA.
Unter der Rubrik „Sammelstücke“ findet sich neben annotierten Büchern, Fotos
oder Zeitungsausschnitten auch eine Bleistiftbox (vgl. hierzu Hafner 2015), die als
Leihgabe in der Dauerausstellung des Literaturmuseums der Österreichischen
Nationalbibliothek in Wien zu sehen ist.
Der zweite Teil des Vorlasses wurde erst 2017 vom Land Kärnten angekauft,
dem RMI/KLA als Dauerleihgabe übergeben, wo er seiner wissenschaftlichen
Auswertung harrt. Dazu zählen Werke, die nach 1997 entstanden sind, beginnend
mit Boštjanov let/Boštjans Flug; Mirne duše/Seelenruhig bis hin zu Werken jünge-
ren Datums wie etwa Gramoz/Schotter. Der Ankauf dieses zweiten Teils bildet die
Grundlage für die Erforschung des Gestus des literarischen Schreibens bei Florjan
Lipuš, meinem sich in Arbeit befindlichen Dissertationsprojekt.
Auch in der Sammlung Peter Handke/Leihgabe Hans Widrich (ÖLA SPH/LW)
am Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek findet sich ein weite-
rer Lipuš-Bestand. Dem Sammeleifer Hans Widrichs, einem ehemaligen Tanzen-
berger und Freund Handkes, ist die „Sammlung Peter Handke“ zu verdanken, die
sich insbesondere aus der Zeit der ‚Salzburger Jahre‘ Handkes speist und 2009 als
Dauerleihgabe an das Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
übergeben wurde (vgl. Kastberger und Kepplinger 2013, 205–206). Erwähnens-
wert in diesem Bestand sind etwa die slowenischen Vokabelhefte Peter Handkes,
die im Zuge der Übersetzungsarbeit Handkes zu Lipuš’ Zögling Tjaž entstanden
sind, sowie eine Kopie des Typoskripts des Tjaž, die Handke wohl als Über-
setzungsgrundlage gedient hat (vgl. Hannesschläger, http://handkeonline.onb.
ac.at/node/1703). In der „Sammlung Peter Handke“ von Hans Widrich befindet
sich aber eine weitere „Sammlung Slowenien“, die sehr divers ausfällt. Neben
diversen Korrespondenzen Peter Handkes mit slowenischen Autoren wie etwa
Boris Pahor oder Tomaž Šalamun, der Urkunde des Vilenica-Preises, einer bislang
noch unveröffentlichten Kosovel-Übersetzung Handkes, Slowenien-Landkarten,
5-Tolar-Scheinen beinhaltet diese Sammlung ein Bleistift-Manuskript von Florjan
Lipuš’ Srčne pege/Herzflecken.
Liest und sammelt man das Archiv einer ‚kleinen Literatur‘ wie jener der
Kärntner slowenischen Literatur, wird klar, dass die Kräfte, die es als kulturelles
Gedächtnis formen, vielgestaltig sind. In diesem Beitrag sollte gezeigt werden,
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik