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120 Friedrich Buchmayr
zwei Formaten aufgestellt. Neben einem Autoren- und Schlagwortkatalog in Zet-
telform gibt es seit 1998 auch einen EDV-gestützten Katalog.
b)
Handschriften und Fragmente
Zum Bestand der Stiftsbibliothek St. Florian gehören etwa 900 Handschriften
und viele Fragmente, darunter einige für die Literaturgeschichte wichtige, die
kurz erwähnt werden sollen. Das lateinische Versepos Ruodlieb aus dem 11. Jahr-
hundert ist nur in Fragmenten der Bayerischen Staatsbibliothek München und
der Stiftsbibliothek St. Florian (Abb. 2) überliefert. Der unbekannte Autor hat
erstmals im deutschsprachigen Raum eine romanartige Handlung entworfen, in
deren Mittelpunkt schon das Idealbild eines christlichen Ritters stand. Das St.
Florianer Fragment ist besonders wertvoll, weil es als eine unter Aufsicht des
Dichters selbst angefertigte sorgfältige Reinschrift des Ruodlieb gilt (vgl. Klopsch
2010).1 Das Fragment 29 entstammt der Kaiserchronik und dürfte um 1200
geschrieben worden sein. Dem 13. Jahrhundert sind die Fragmente zum Summa-
rium Heinrici zuzuordnen, dem umfangreichsten Glossenwerk des deutschen
Mittelalters, das vom 11. bis zum 14. Jahrhundert zu den wichtigsten Wissens-
enzyklopädien zählte (vgl. Hildebrandt 2010). Das St. Florianer Fragment der mit-
telhochdeutschen Verserzählung Der arme Heinrich von Hartmann von Aue
befindet sich heute in einer Berliner Bibliothek.2 Das St. Florianer Steinbuch aus
dem 15. Jahrhundert und die erste deutsche Ilias-Übersetzung von Johann Baptist
Rexius aus dem Jahr 1584 sind durch neuere Editionen erschlossen worden
(Venosa 2001; Willing 2009). Die Edition eines Jerusalem-Reiseberichts aus dem
16. Jahrhundert ist in Vorbereitung.
Auch die Chorherren selbst haben bedeutende Handschriften hinterlassen.
Altmann von St. Florian (um 1150–1221/22) gilt als erster Rechtsgelehrter Öster-
reichs und schrieb neben einer Passio des Stiftspatrons Florian einen umfangrei-
chen Hoheliedkommentar und zahlreiche Werke zur Kanonistik, die alle versifi-
ziert und großteils noch nicht ediert sind (vgl. Stelzer 2010; Neschwara 1987).
Einwik Weizlan von St. Florian (um 1240–1313) verfasste eine Biografie der Inklu-
sin und Mystikerin Wilbirg, deren Beichtvater er gewesen war. Die Vita Wilbirgis
ist eine der wichtigsten österreichischen Frauenbiografien des Mittelalters und
eine erstrangige Quelle zur Landesgeschichte und zur Geschichte der Mystik.
1 Entdeckt wurde das Fragment im Jahr 1830 vom St. Florianer Chorherren und Historiker Jodok
Stülz (vgl. Buchmayr 2014, 147–161).
2 Berlin, Staatsbibliothek, mgf 923 Nr. 7a. Der Entdecker Jodok Stülz hatte das Fragment dem
Germanisten Franz Pfeiffer zur Publikation überlassen, aus dessen Nachlass es später nach Ber-
lin gelangte.
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik