Seite - 183 - in Logiken der Sammlung - Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
Bild der Seite - 183 -
Text der Seite - 183 -
Archiv und Politik â
183
Auch wurde in Prag nie eine grundlegende Neuordnung des Bestandes vor-
genommen, was dem in 20 schwarzen KĂ€sten untergebrachten Stifter-Archiv
zugleich einen musealen Charakter verleiht (Abb. 3). Dies erlaubt es zwar, mit
gewissermaĂen archĂ€ologischem Blick bis heute die Zusammensetzung der
Sammlung in ihren einzelnen Bestandteilen und hier insbesondere den Fundus
der diversen, z. T. umfÀnglichen Schenkungen nachzuvollziehen, eine Reorgani-
sation â wie sie etwa im Falle der an Stifter gerichteten, bislang nach Absendern
alphabetisch geordneten Briefe unter chronologischer Reihung sicher sinnvoll
gewesen wĂ€re â ist, wie Alois Hofman (1984) selbstkritisch anmerkte, bis heute
ein Desiderat geblieben.7 Wissenschaftlich aufgewogen wird dies durch die von der
Prager Nationalbibliothek vorgenommene partielle Digitalisierung der Be
stÀnde,
die zwar noch nicht komplett oder allgemein zugÀnglich sind, der HKG je nach
Bedarf aber zur VerfĂŒgung gestellt wurden, was deren Publikationsrhythmus
wesentlich unterstĂŒtzt und beschleunigt hat, da die (Vor-)Arbeit am Bildschirm in
den meisten FĂ€llen vor Ort nur noch punktuelle ĂberprĂŒfungen nötig machen.8
RĂŒckt damit die seit 1978 im Stuttgarter Kohlhammer-Verlag erscheinende
HKG ins Blickfeld, so unterscheidet sich deren Genese geradezu diametral von
der eben skizzierten Entstehungsgeschichte der PRA, wenngleich auch sie ein
Politikum sui generis bildete, und zwar mit den Antipoden Linz und MĂŒnchen,
die am 27. November 1964 in Hamburg aufeinandertrafen, um das martialische,
wenngleich hier durchaus angebrachte Wort vom ,Kriegsschauplatzâ zu vermei-
den.9 Kurz zuvor nÀmlich war ein umfÀngliches Konvolut bis dato unbekannter
Handschriften Stifters, das nicht weniger als 14 vollstÀndige Manuskripte des
sogenannten ,abgelegten BlĂ€tterâ zum Witiko in Transkriptionen: Internet Edition Adalbert Stifter
â Witiko (Innsbruck 1999â2008). Abrufbar unter: https://www.uibk.ac.at/germanistik/stifter/
witiko/ (25.11.2019).
7â Allerdings hat Hofman (1962,Â
71â109) diese Chronologie ebenso wie fĂŒr die von Stifter verfass-
ten Briefe in seiner Ăbersicht der Sammlungen vorgenommen.
8â FĂŒr diese kollegiale Hilfestellung sei an dieser Stelle Kamil Boldan, MiloĆĄ DostĂĄl und Petra
HofbauerovĂĄ herzlich gedankt!
9â Zur besseren Lesbarkeit des Beitrages finden sich die bibliografischen Angaben zu jenen Zei-
tungsartikeln, aus denen im Folgenden zitiert wird, in narrativer Form im FlieĂtext; im Literatur-
verzeichnis werden die ZeitungsbeitrĂ€ge nicht mehr eigens angefĂŒhrt. â So prophezeite schon
âR. B.â in den DĂŒsseldorfer Nachrichten vom 30. Oktober 1964, âdaĂ um den Erwerb der Hand-
schriften ,eine wilde Schlachtâ entbrennenâ werde. Von einem âkurzen Duell zwischen der Baye-
rischen Staatsbibliothek, dem Linzer Stifter-Archiv und anderenâ spricht unter dem Datum des
29. November 1964 âW. H.â in Die Welt, Nr. 279. âUm Stifter wurde gekĂ€mpftâ, vermeldeten wort-
gleich am 7.Â
Dezember 1964 die DĂŒsseldorfer Nachrichten sowie die Westdeutsche Zeitung in ihren
Ausgaben Krefeld und Mönchen-Gladbach. Vergleichsweise moderat dagegen Schacherls (1965)
Wendung vom âatemberaubende[n] Konkurrenzkampfâ.
Logiken der Sammlung
Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Titel
- Logiken der Sammlung
- Untertitel
- Das Archiv zwischen Strategie und Eigendynamik
- Autoren
- Petra-Maria Dallinger
- Georg Hofer
- Verlag
- De Gruyter Open Ltd
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-11-069647-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 202
- Schlagwörter
- Archiv, Nachlassinventar
- Kategorien
- Weiteres Belletristik