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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Band 1
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38 | Gerhard Botz, Alexander Prenninger und Regina Fritz nalbewegung gekämpft und befürchteten  – zu Recht  – im Falle ihrer Rückkehr Repres- sionen. Sowjetische Überlebende mussten in der Regel mehrere «Filtrationslager» des NKWD durchlaufen, in denen sie sich gegen den pauschal erhobenen Verdacht des Verrats und der Kollaboration rechtfertigen mussten. Ein erheblicher Anteil von ihnen wurde Opfer «sekundärer Verfolgung» für ihr «Verbrechen», als Rotarmisten in Ge- fangenschaft geraten zu sein, oder sie wurden wegen der erfahrenen Deportation als Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen im NS-System in das sowjetische Lagersystem ge- schickt.40 Außerdem war der Zweite Weltkrieg in vielen Teilen Ostmittel- und Südost- europas nach dem 8./9.  Mai 1945 keineswegs zu Ende, sondern ging in lokale Bürger- kriege über wie in Griechenland, setzte sich in Aufstandsbewegungen gegen die alten oder neuen kommunistischen Machthaber fort wie etwa in der Ukraine und Polen oder führte zu erneuten ethnischen Säuberungen und Zwangsmigrationen.41 Die (Re-)Integration der Überlebenden von Mauthausen in ihre Herkunfts- oder Exilländer und die Möglichkeiten, über ihre Erfahrungen zu sprechen, waren ganz we- sentlich von den politischen Verhältnissen und den «Gründungsmythen» der Nach- kriegsstaaten abhängig. So wurden etwa in Frankreich die Überlebenden der Konzen- trationslager zu Helden stilisiert, die das Leiden der Nation während der Besatzung verkörperten, und die Opfer als Märtyrer geehrt, die für das Vaterland gefallen waren.42 Die französischen Überlebenden gründeten unmittelbar nach ihrer Rückkehr eigene Organisationen, die sich für staatliche Unterstützungen und offizielle Anerkennung einsetzten und das Gedenken an die Opfer der Konzentrationslager aktiv mitgestal- teten, wie etwa der Einfluss der Amicale de Mauthausen auf die Gestaltung der KZ- Gedenkstätte Mauthausen zeigt.43 Eine solch hohe symbolische Bedeutung im Gedenken an Krieg, Besatzung und Be- freiung kam den KZ-Überlebenden nicht überall zu. In der Sowjetunion blieb im of- fiziellen Gedenken an den «Großen Vaterländischen Krieg» nur Platz für den stalinis- tischen Märtyrer-Kult um General Dmitri M. Karbyschew, der im Februar 1945 in Mauthausen ermordet wurde und nach dem bis heute in Russland zahlreiche Plätze 40 Vgl. Jörg Baberowski : Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt, München 2012, S. 462 ff. Vgl. Pe- ter Ruggenthaler/Walter M. Iber (Hg.) : Hitlers Sklaven  – Stalins «Verräter». Aspekte der Repression an Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen. Eine Zwischenbilanz, Innsbruck et  al. 2010 (Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung, 14). 41 Baberowski, Verbrannte Erde, S. 465 ff. Neuere Untersuchungen über den «Zweiten Dreißigjährigen Krieg» in Europa, der mit dem Ersten Weltkrieg begann, setzen den Endpunkt daher nicht mehr 1945, sondern 1949 an, wie etwa Ian Kershaw : Höllensturz. Europa 1914 bis 1949, München 2015. 42 Pieter Lagrou : The Legacy of Nazi Occupation. Patriotic Memory and National Recovery in Western Eu- rope, 1945–1965, Cambridge, UK/New York 2000 (Studies in the Social and Cultural History of Modern Warfare, 8), S. 215. 43 Vgl. dazu grundsätzlich Katharina Stengel (Hg.) : Opfer als Akteure. Interventionen ehemaliger NS-Ver- folgter in der Nachkriegszeit, Frankfurt a.  M./New York 2008 (Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust). Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik Band 1
Titel
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band
1
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Heinrich Berger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21217-1
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
426
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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