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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Band 1
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41Themenschwerpunkte der Geschichte der Mauthausen-Überlebenden | Rahmen, innerhalb dessen Erinnerungen ausgetauscht und dabei «geformt» wurden.49 Solche Organisationen waren auch Orte der Anerkennung (aber auch des Ausschlusses etwa von Überlebenden, die im Lager als «Kriminelle» und «Asoziale» kategorisiert waren) und boten Möglichkeiten des Erzählens, wenn bestimmte Erfahrungen in der Öffentlichkeit nicht «sagbar» waren.50 Wir müssen uns auch die Tatsache vergegenwär- tigen, dass es zu den offiziellen oder offiziösen kollektiven Erzählungen immer wieder auch Gegennarrative gegeben hat, wie etwa die politische Aufspaltung der Überleben- denorganisationen in Österreich oder Frankreich zu Beginn des Kalten Krieges zeigt.51 Darüber hinaus sind Erinnerungen von Individuen auch innerhalb bestimmter Konjunkturen des Gedenkens zu verorten : Seit Mitte der 1980er Jahre erfolgte in vie- len Ländern West-, aber auch Ost- und Südosteuropas ein reversal of memories, der zu einer «Pluralisierung» des Gedenkens führte. Die gesellschaftliche und politische An- erkennung von ethnischen Minderheiten und sozialen Randgruppen führte etwa dazu, dass manche bis dahin «vergessene» Opfergruppen wie etwa Sinti und Roma oder als homosexuell Verfolgte in die öffentliche Erinnerungskultur integriert wurden.52 Nach 1989/90 wurden die staatsoffiziellen «antifaschistischen» Geschichtspolitiken der ehe- mals kommunistischen Länder durch neue Interpretationen der Vergangenheit er- gänzt oder ersetzt, die bis dahin unterdrückte Aspekte der nationalen Geschichte in die Öffentlichkeit rückten.53 Die ebenfalls seit den 1990er Jahren zunehmend domi- nierende Erinnerung an die Opfer des Holocaust hat auch zu «Opferkonkurrenzen» und bei manchen Überlebenden oder deren Organisationen zum Versuch geführt, sich 49 Vgl. z. B. Philipp Neumann : «…  eine Sprachregelung zu finden». Zur Kanonisierung des kommunisti- schen Buchenwald-Gedächtnisses in der Dokumentation Mahnung und Verpflichtung, in : Stengel (Hg.), Opfer als Akteure, S. 151–173. Zu Mauthausen siehe Bertrand Perz : Ausgeblendete Anfänge. Die Disser- tation von Gisela Rabitsch über Konzentrationslager in Österreich und ihre selektive Rezeption, in : ders./ Ina Markova (Hg.), 50  Jahre Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien 1966–2016, Wien 2017, S. 334–349. 50 Vgl. Michael Pollak : Die Grenzen des Sagbaren. Lebensgeschichten von KZ-Überlebenden als Augen- zeugenberichte und als Identitätsarbeit, Wien 2016 [1988] (Wiener Studien zur Zeitgeschichte, 1) ; Tho- mas Trezise : Unspeakable, in : The Yale Journal of Criticism 14.1 (2001), S. 39–66. 51 Vgl. etwa zu Frankreich Olivier Lalieu : La Déportation fragmentée. Les anciens déportés parlent de poli- tique 1945–1980, Paris 1994. 52 Vgl. dazu z. B. Václava Kutter Bubnová : Die Sinti und Roma-Opfer des Nationalsozialismus als neuer Faktor tschechischer Erinnerungskultur, in : K.  Erik Franzen/Martin Schulze Wessel (Hg.), Opfernarra- tive. Konkurrenzen und Deutungskämpfe in Deutschland und im östlichen Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, München 2012 (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum, 126 ; Schriften des Europäi- schen Netzwerks Erinnerung und Solidarität, 5), S. 151–172 ; Régis Schlagdenhauffen : Triangle rose. La pérsecution nazie des homosexuels et sa mémoire, Paris 2011. 53 Vgl. etwa für Ungarn Regina Fritz : Nach Krieg und Judenmord. Ungarns Geschichtspolitik seit 1944, Göttingen 2012, oder für Polen Imke Hansen : «Nie wieder Auschwitz !». Die Entstehung eines Symbols und der Alltag einer Gedenkstätte, Göttingen 2015. Einen Überblick bieten Bernd Faulenbach/Franz- Josef Jelich (Hg.) : «Transformationen» der Erinnerungskulturen in Europa nach 1989, Essen 2006 (Ge- schichte und Erwachsenenbildung, 21). Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik Band 1
Titel
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band
1
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Heinrich Berger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21217-1
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
426
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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