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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Band 1
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42 | Gerhard Botz, Alexander Prenninger und Regina Fritz in eine universalistisch verstandene Holocaust-Erinnerung einzuschreiben.54 Diese Erinnerungswende hatte auch zur Folge, dass Mauthausen-Überlebende heute in der Öffentlichkeit und in den Medien zumeist als Überlebende des Holocaust gesehen wer- den, so wie auch die Konzentrationslager insgesamt zunehmend mit der Vernichtung der Juden assoziiert werden.55 Während die nationalen Geschichtspolitiken, Erinnerungskonjunkturen und Ge- dächtniskulturen mittlerweile im Gefolge von Pierre Noras «Gedächtnisorten» und dem memory boom der 1990er sehr gut aufgearbeitet sind, gibt es zur Rolle Mauthau- sens in den jeweiligen Erinnerungskulturen und zu den Organisationen der Überle- benden bisher nur wenige Studien.56 Anhand ausgewählter Beispiele wird in diesem Band exemplarisch auf die Rolle von Mauthausen in nationalen Erinnerungskulturen und einzelnen Überlebendenorganisationen eingegangen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auch auf die individuellen Formen der Erinnerung und die «kollektiven Bedingungen möglicher Erinnerungen» (Reinhart Koselleck) gelegt.57 Aber nicht nur die Erinnerung, sondern auch die «realen» Lebenswege der ehemals in Mauthausen Inhaftierten gehören zu ihrer Geschichte nach der nationalsozialisti- schen Verfolgung. Sie wurden in der traditionellen Historiografie zu KZ-Überlebenden fast immer ausgeblendet, während ihre vor der Verhaftung liegende Biografie manch- mal erwähnt, aber in ihrer Bedeutung unterschätzt wurde. Sowohl in der Geschichts- wissenschaft als auch aus der Sicht von Entschädigungsinstitutionen werden die Opfer eindimensional auf ihre Zeit in den nationalsozialistischen Lagern, ihre Lagerkar- rieren reduziert ; sie bleiben in der historischen Narration in den Mauern des Kon- zentrationslagers eingesperrt.58 Aber auch die Überlebenden selbst hielten häufig ihr Leben vor und nach der Deportation für nicht erzählenswert. Dies trifft bei den MSDP- Interviews etwa besonders für jene Überlebenden zu, die in Griechenland interviewt wurden. Theodoros Kokolakis beginnt seine lebensgeschichtliche Erzählung mit dem 54 Jean-Michel Chaumont : Die Konkurrenz der Opfer. Genozid, Identität und Anerkennung, Lüneburg 2001 [1997]. Dieser Trend ist besonders in Spanien zu beobachten, siehe dazu : Antonio Gómez López- Quiñones/Susanne Zepp (Hg.), The Holocaust in Spanish Memory. Historical Perceptions and Cultural Discourse, Leipzig 2010 (Leipziger Beiträge zur jüdischen Geschichte und Kultur, 7). 55 Da diese Erinnerungskollektive die Art und Weise beeinflussen, wie über Verfolgung berichtet wird, hat das MSDP bei der Suche nach Interviewpartnern und -partnerinnen versucht, auf solche politischen und sozialen Bedingungen des Erinnerns besonders Rücksicht zu nehmen und auch Überlebende zu finden, die keinen Überlebendenorganisationen angehörten oder als «Berufszeitzeugen» ihre Erzählungen nach festen Mustern geordnet hatten. 56 So z. B. Sara J. Brenneis : Spaniards in Mauthausen. Representation of a Nazi Concentration Camp, 1940– 2015, Toronto 2018 (Toronto Iberic, 34). 57 Reinhart Koselleck : Gebrochene Erinnerung ? Deutsche und polnische Vergangenheiten, in : Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung (Hg.), Jahrbuch 2000, Göttingen 2001, S. 19–32, hier 20. 58 Zum Begriff «Lagerkarriere» siehe Norbert Frei : Abschied von der Zeitgenossenschaft. Der National- sozialismus und seine Erforschung auf dem Weg in die Geschichte, in : WerkstattGeschichte 20 (1998), S. 69–83. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik Band 1
Titel
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band
1
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Heinrich Berger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21217-1
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
426
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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