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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Band 1
Seite - 152 -
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152 | Andreas Kranebitter eine Entlastung der «Schutzhäftlinge» und «Rotspanier». Auf dieses Phänomen haben mehrere Überlebende hingewiesen.50 Den politischen «Schutzhäftlingen» dürfte der beschriebene Funktionswandel  – vermutlich, wie aus den Erinnerungen der Überlebenden bekannt ist, aufgrund ihrer höheren beruflichen Qualifikationen und sprachlichen Fähigkeiten  – besonders entge- gengekommen sein, daher auch das Absinken der Mortalität ab 1942. Besonders deut- lich zeigt sich diese Tendenz bei der Kategorie der «Rotspanier», deren Mortalität über die gesamte Zeit des Bestehens des KZ Mauthausen mit 65,2  Prozent (siehe Tabelle  1) eine der höchsten überhaupt ist, 1945 aber sogar auf ein Prozent sinkt. Betrachtet man die Sterblichkeit der jüdischen Häftlinge in der obigen Tabelle, so sticht der für je- des Jahr überdurchschnittliche Wert ins Auge und relativiert das Bild, dass jüdische Häftlinge in ihrer Gesamtheit eine geringere Mortalität als andere Häftlingsgruppen aufweisen.51 Die hohe Sterblichkeit der «Sicherungsverwahrten» zum Jahreswechsel 1942/43 ist auf die allgemein verschärfte Verfolgung von «Gewohnheitsverbrechern» im Nationalsozialismus ab 1942 zurückzuführen, die in einem Abkommen zwischen Heinrich Himmler als Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei auf der einen und Otto Georg Thierack als Reichsjustizminister auf der anderen Seite gipfelte, in dessen Rahmen über zehntausend «Sicherungsverwahrte» und «Fremdvölkische» mit Zuchthausstrafen über drei Jahren aus diversen Zuchthäusern in das KZ Mauthausen deportiert wurden.52 Sie wurden gemäß diesem Abkommen ab November 1942 zur «Vernichtung durch Arbeit» eingewiesen  – ein Ziel, das zum Jahreswechsel 1942/43 seitens der SS mit großem Engagement verfolgt wurde. Ungeachtet dieser hohen Sterb- lichkeit wurden «kriminelle» Häftlinge in weiterer Folge in den allermeisten Erinne- rungsberichten generell mit der Gruppe der «Privilegierten» gleichgesetzt, derer nach dem Krieg auch nicht gedacht werden sollte und denen der Opferstatus nicht zuer- 50 Vgl. Hermann Langbein : Die Stärkeren. Ein Bericht, Wien 1949, S. 91 ; Benedikt Kautsky : Teufel und Verdammte. Erfahrungen und Erkenntnisse aus sieben Jahren in deutschen Konzentrationslagern, Wien 1948 [1946], S. 52 ; Anna Pawełczyńska : Werte gegen Gewalt. Betrachtungen einer Soziologin über Auschwitz, Oświęcim 2001 [1973], S. 113 u. 137. Vgl. auch Falk Pingel : Häftlinge unter SS-Herrschaft. Widerstand, Selbstbehauptung und Vernichtung im Konzentrationslager, Hamburg 1978 (Historische Perspektiven, 12), S. 85. 51 Die Mehrzahl der jüdischen Häftlinge wurde in den Jahren 1944 und 1945 ins KZ Mauthausen deportiert, in denen die relative Sterblichkeit gegenüber den Vorjahren niedriger lag. Daher liegt die Sterblichkeit dieser Gruppe über den gesamten Zeitraum betrachtet unterhalb der Sterblichkeit anderer Gruppen. Hinzuzufügen ist, dass die unterschätzte Sterblichkeit des Jahres 1945 gerade auch zu einer Unterschät- zung der Gesamtsterblichkeit der jüdischen Häftlinge führt, da aus anderen Quellen bekannt ist, dass die Sterblichkeit während und nach der Befreiung gerade in dieser Gruppe immens war. Die Nicht-Be- rücksichtigung der Nicht-Registrierten ist ebenfalls eine bedeutende Ursache der unterschätzten Sterb- lichkeit  – gerade im Hinblick auf die sehr hohe Sterblichkeit in Gunskirchen, wohin die meisten nicht registrierten ungarischen Jüdinnen und Juden verbracht wurden. 52 Vgl. dazu vor allem die umfangreichen Darstellungen bei Nikolaus Wachsmann : Gefangen unter Hitler. Justizterror und Strafvollzug im NS-Staat, München 2006, besonders S. 309–340. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik Band 1
Titel
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band
1
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Heinrich Berger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21217-1
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
426
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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