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Dieter Pohl
Besatzer, Besetzte und Verfolgung in Hitlers Europa
Bis 1939, als das NS-Regime massiv begann, mit dem «Anschluss» Österreichs über die
Grenzen des «Reichs» von 1937 immer weiter hinauszugreifen, waren vor allem dessen
Staatsangehörige (und immer mehr auch hier sich aufhaltende Nicht-«Deutsche») das
Ziel der Verfolgungspolitik des Deutschen Reichs geworden.1 Von 1939 an richtete sich
die nationalsozialistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik in erster Linie gegen
Personen, die nicht StaatsbĂĽrger des Reichs waren. Zwar gerieten weiterhin (reichs-)
deutsche Juden, Behinderte, Sinti und Roma sowie politisch Verdächtige ins Visier
der Verfolgungsbehörden, doch stellten diese schon bald nach Kriegsbeginn, bedingt
durch die nationalsozialistische Expansionspolitik, nur mehr eine Minderheit unter al-
len Verfolgten und bis 1945 insgesamt etwa drei bis vier Prozent der Todesopfer. Zum
Verständnis der Mechanismen von Verfolgung und Massenmord erscheint es unab-
dingbar, die spezifischen Bedingungen der nationalsozialistischen Besatzung in den
Blick zu nehmen. Diese bilden gerade im besetzten Osteuropa die Voraussetzung fĂĽr
die extreme und massenhafte Gewalt des Regimes.
Die Geschichte der deutschen Besatzungspolitik in Europa wird seit den 1960er
Jahren intensiv erforscht.2 Vor allem in den ehemals besetzten Ländern selbst geriet
die Kriegszeit frĂĽh zu einem Schwerpunkt der jeweiligen Zeitgeschichtsforschung. Im
kommunistischen Osteuropa entwickelte sich die einschlägige Historiografie je nach
Land und Zeitpunkt unter verschiedenen politischen Vorgaben ; so war sie in Polen
recht weit fortgeschritten, kam hingegen in der Sowjetunion nicht über erste Ansätze
hinaus. Aber auch die Historiker im Westen setzten unterschiedliche Schwerpunkte,
beschäftigten sich zunächst mit der Rolle der NS-Spitze und der institutionellen Struk-
turen in der Besatzungspolitik und dann punktuell mit verschiedenen Politikfeldern.
1 Siehe etwa den Beitrag von Karin Orth in diesem Band.
2 Zusammenfassend : Hans Umbreit : Auf dem Weg zur Kontinentalherrschaft, in : Bernhard R. Kroener
et al. (Hg.), Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 5/1 : Organisation und Mobilisierung des
deutschen Machtbereichs. Kriegsverwaltung, Wirtschaft und personelle Ressourcen 1939–1941, Mün-
chen 1988, S. 3–345 ; ders.: Die deutsche Herrschaft in den besetzten Gebieten 1942–1945, in : Bern-
hard R. Kroener et al. (Hg.), Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 5/2 : Organisation und
Mobilisierung des deutschen Machtbereichs. Kriegsverwaltung, Wirtschaft und personelle Ressourcen
1942–1944/45, München 1999, S. 3–272 ; Werner Röhr (Hg.) : Die Okkupationspolitik des deutschen
Faschismus (1938–1945). Analysen, Quellen, Register, Heidelberg 1996 (Europa unterm Hakenkreuz,
8) ; grundlegend immer noch Czesław Madajczyk : Faszyzm i okupacje 1938–1945. Wykonywanie oku-
pacji przez państwa Osi w Europie. T. 2 : Mechanizmy realizwania okupacji [Faschismus und Okkupation
1938–1945. Besatzungsherrschaft durch die Achsenstaaten in Europa, Bd. 2 : Mechanismen der Durch-
führung der Besatzung], Poznań 1984.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band 1
- Titel
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Band
- 1
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Heinrich Berger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 426
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen