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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Band 1
Seite - 185 -
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185Nationalsozialistische Terrorstätten | Gruppen, die als Bedrohung des Staates und des deutschen Volkes angesehen wurden, und durch die massenhafte Verhaftung von «Gemeinschaftsfremden», von «Kriminel- len», «Asozialen» und «Zigeunern», wuchs die Zahl der KZ-Häftlinge 1937/38 erheb- lich an. Sie erreichte mit dem Novemberpogrom 1938 kurzfristig einen Höchststand. Die Verschleppung von etwa 30.000 Juden für etwa sechs bis acht Wochen in die KZ und ihre barbarische Behandlung dienten in erster Linie dazu, den Druck auf die jüdi- sche Bevölkerung zu erhöhen, aus dem Deutschen Reich  – unter Zurücklassung ihres Eigentums  – auszuwandern. Die Umsetzung eines umfassenden gesellschaftsbiologi- schen und rassistischen Konzeptes in die Praxis der Verfolgungsbehörden erwies sich als Zäsur. Nicht mehr ausschließlich politische Gegner des NS-Regimes sahen sich nun von Verfolgung und Haft bedroht, sondern auch und in erster Linie gesellschaftliche Gruppen, die aus sozialhygienischen oder rassistischen Gründen dauerhaft «verwahrt» werden sollten. Zudem ist seit 1937/38 von einer verstärkten Ausbeutung der KZ-Häftlinge für die Interessen der SS auszugehen. Hatte der Arbeitseinsatz der Gefangenen in den ersten Jahren der NS-Herrschaft in vollkommen sinnlosen Beschäftigungen bestanden oder dem Lageraufbau gedient, setzte die SS die Häftlinge nun für ihre eigenen wirtschaft- lichen Interessen ein. Die insbesondere gegen sogenannte «Asoziale», «Berufsverbre- cher» und «Arbeitsscheue» gerichteten Verhaftungswellen der Jahre 1937/38 dienten also sowohl dem «vorbeugenden Schutz der Volksgemeinschaft» als auch der Zwangs- rekrutierung von Arbeitskräften für die SS.11 Die Intention des NS-Regimes, die «Gemeinschaftsfremden» von den «Volksgenos- sen» getrennt zu «verwahren», zeigte sich auch in der Errichtung von «Zigeunerlagern»12 und «Jugendschutzlagern». Die seit Mitte der 1930er Jahre in zahlreichen Städten und Kommunen eingerichteten «Zigeunerlager» dienten der Isolation und Konzentration 11 Vgl. Wolfgang Ayaß : «Asoziale» im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995 ; Patrick Wagner : Volksgemein- schaft ohne Verbrecher. Konzeptionen und Praxis der Kriminalpolizei in der Zeit der Weimarer Repu- blik und des Nationalsozialismus, Hamburg 1996 (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, 34) ; sowie nun auch Julia Hörath : «Asoziale» und «Berufsverbrecher» in den Konzentrationslagern 1933 bis 1938. Göttingen 2017 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 222) ; Dagmar Lieske : Unbe- queme Opfer ? «Berufsverbrecher» als Häftlinge im KZ Sachsenhausen, Berlin 2014 (Forschungsbeiträge und Materialien der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, 16) ; Sylvia Köchl : «Das Bedürfnis nach gerechter Sühne». Wege von «Berufsverbrecherinnen» in das Konzentrationslager Ravensbrück, Wien 2016 ; Helga Amesberger et  al.: «Arbeitsscheu und moralisch verkommen». Verfolgung von Frauen als «Asoziale» im Nationalsozialismus, Wien 2019. 12 Die wichtigsten Studien zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung von Roma und Sinti stam- men von Michael Zimmermann. Vgl. zuletzt Michael Zimmermann (Hg.) : Zwischen Erziehung und Vernichtung. Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20.  Jahrhunderts, Stuttgart 2007 (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 3). Einen Überblick über die «Zigeu- nerlager» bietet Karola Fings : Nationalsozialistische Zwangslager für Sinti und Roma, in : Wolfgang Benz/ Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors, Bd. 9 : Arbeitserziehungslager, Ghettos, Jugendschutzlager, Po- lizeihaftlager, Sonderlager, Zigeunerlager, Zwangsarbeiterlager, München 2009, S. 192–217. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik Band 1
Titel
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band
1
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Heinrich Berger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21217-1
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
426
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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