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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Band 1
Seite - 194 -
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194 | Karin Orth bei der überwiegenden Mehrzahl handelte es sich um Zwangsarbeiter und Zwangs- arbeiterinnen, von denen etwa zwei Drittel aus Polen und der Sowjetunion kamen.29 Geschätzt wird, dass etwa fünf Prozent aller ausländischen Zivilarbeiter/innen einmal in einem AEL inhaftiert waren.30 Der größte Teil der Einweisungen in die AEL ging auf die Initiative der Betriebe zurück, die über Zwangsarbeiter verfügten, sowie auf die im Krieg verstärkt durchge- führten Polizeikontrollen. Als «Vergehen», das mit der Haft in einem AEL «bestraft» werden konnte, galt beispielsweise langsames Arbeiten, «Krankfeiern» oder Krankhei- ten, die vom Betriebsarzt nicht anerkannt wurden, wiederholtes Zuspätkommen, Nicht- tragen des OST-Abzeichens, Diebstahl, «Aufwiegelung», vermeintliche oder tatsächli- che Sabotage sowie vor allem das unerlaubte Verlassen des Arbeitsplatzes. Tatsächlich registrierte die Gestapo in der zweiten Kriegshälfte monatlich rund 40.000 Fälle von Zivilarbeitern und -arbeiterinnen, die von ihrem Zwangsarbeitsplatz flüchteten oder  – im Falle der «Westarbeiter»  – aus dem gelegentlich gewährten Heimaturlaub nicht zu- rückkehrten. Die AEL dienten jedoch nicht nur der Abschreckung bzw. «Bestrafung» von «Bummelanten» und «Arbeitsverweigerern», sondern auch der Ausbeutung der Arbeitskräfte der Häftlinge. Denn die in die AEL verschleppten Zwangsarbeiter wurden dort ebenfalls zur Arbeit eingesetzt. Die Haftbedingungen in den AEL verschlechterten sich seit 1942 erheblich und bald herrschten ähnlich verheerende Zustände wie in den Konzentrationslagern. Gleichwohl blieb die Sterblichkeit in den AEL gering, da die Haft auf zunächst 21  Tage, später auf 56  Tage begrenzt war. Wegen der großen Fluktuation bildeten sich in den AEL keine Strukturen einer Häftlingsgesellschaft heraus, wie sie aus den Konzentrationslagern bekannt sind. Obgleich die Baracken nach Nationalitäten getrennt waren, konnte es den Häftlingen beispielsweise nicht gelingen, national, sozial oder politisch motivierte solidarische Gemeinschaften zu bilden oder ein machtvolles System der Funktionshäftlinge zu schaffen. Typisch war vielmehr die aus der kurzen Verweildauer resultierende Isolation des einzelnen Häftlings. Nach der Entlassung wur- den die Gefangenen in der Regel an ihren ursprünglichen Zwangsarbeitsort zurückge- bracht. Nicht wenige wurden jedoch vom AEL in ein Konzentrationslager überstellt. Ähnlich wie die AEL fungierten auch die Konzentrationslager als Straflager für die «Fremdarbeiter», wobei nicht wenige direkt von der Zwangsarbeitsstätte in ein KZ ein- gewiesen wurden (ohne also vorher in einem AEL inhaftiert gewesen zu sein). Im Unterschied zu den Konzentrationslagern waren die AEL nicht oder in deutlich geringerem Maße zentral organisiert. Sie wurden vielmehr von der Gestapo eingerich- tet und betrieben, häufig in Zusammenarbeit mit den von der Zwangsarbeit profitie- renden Unternehmen, und entwickelten sich während des Krieges zu einem eigen- ständigen und machtvollen Repressionsinstrument der regionalen Stapo(leit)stellen. 29 In den in den westlichen Landesteilen gelegenen AEL waren zudem viele Belgier, Franzosen und Nieder- länder inhaftiert, die nach ihrer Flucht vor der Zwangsarbeit wiederergriffen worden waren. 30 Pagenstecher, Arbeitserziehungslager, S. 79. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik Band 1
Titel
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band
1
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Heinrich Berger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21217-1
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
426
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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