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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik, Band 1
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203Nationalsozialistische Terrorstätten | zusammengepfercht  – hat Dieter Pohl in einem Überblick eindrücklich gezeigt.56 Nach dem neuesten Stand der Forschung ist davon auszugehen, dass die deutschen Besatzer in Ostmittel- und Osteuropa zwischen 1000 und 1200 Ghettos errichteten, von denen einige über Jahre, andere nur wenige Wochen existierten. Geschätzt wird, dass etwa zwei Drittel der späteren Opfer des Holocausts in Polen, Lettland, Litauen, Ungarn und Transnistrien und etwa 50 bis 60  Prozent aller verfolgten Juden zeitweise in einem Ghetto hausen mussten. Zudem sind wohl zwischen 600.000 und einer Million Juden in den Ghettos selbst umgekommen. Charakteristisch ist schließlich, dass die Ghettos zum «Vorhof» des Massenmordes an den Juden in Osteuropa wurden : Die Deportati- onen in die Vernichtungsstätten erfolgten von hier aus. In den besetzten sowjetischen Gebieten stellten bis 1941/42 nicht nur Ghettos und ZAL wichtige Terrorinstrumente der nationalsozialistischen Judenverfolgung dar.57 Charakteristisch für das Geschehen war hier zudem und vielmehr, dass mobile Ein- heiten der SS, der Polizei und zum Teil der Wehrmacht jüdische Kinder, Männer und Frauen unmittelbar nach dem Einmarsch ermordeten. Im Reichskommissariat Ukra- ine erschossen die Einsatzgruppen  C und D, Polizeibataillone, die 1.  SS-Brigade und Wehrmachtseinheiten bis Anfang des Jahres 1942 etwa die Hälfte der dort ansässigen 650.000 Juden. Zunächst töteten sie vor allem arbeitsfähige Männer, ab September 1941 wurden auch alte Menschen, Frauen und Kinder Opfer der Massaker. Für die Anfang des Jahres 1942 noch lebenden 325.000 Juden richtete die Zivilverwaltung Ghettos ein, ohne dass jedoch die Massenmorde eingestellt worden wären. Sie kamen zunächst vereinzelt vor, nahmen im Mai 1942 wieder größeren Umfang an und erreichten im Juli und August 1942 bei den Ghettoräumungen einen Höhepunkt. Bis Dezember 1942 waren weitere 200.000 Juden ermordet worden. Die wenigen Überlebenden wurden anschließend in ZAL eingewiesen. Die Situation im Reichskommissariat Ostland, das die baltischen Länder sowie die südlich angrenzenden Gebiete Westweißrusslands umfasste und das seit September 1941 unter Zivilverwaltung stand, war ähnlich. Die Mordkommandos bestanden hier aus Angehörigen der Einsatzgruppen  A und B sowie der Ordnungspolizei. Diese Einheiten töteten bis Ende 1941 die Mehrzahl der einhei- mischen Juden. Die wenigen Zehntausend Überlebenden wurden  – wie in der Ukra- ine  – in Ghettos und ZAL gesperrt. Zum Ende des Jahres 1941 hatten deutsche Einheiten etwa 900.000 Juden getötet, neun Zehntel davon in den besetzten sowjetischen Gebieten.58 Etwa zu diesem Zeit- punkt wurden die Vernichtungsstätten Kulmhof, Bełżec, Sobibór und Treblinka geplant und errichtet, in denen die polnischen Juden und die nach Polen deportierten Juden, 56 Dieter Pohl : Ghettos, in : Benz/Distel (Hg.), Ort des Terrors, Bd. 9, S. 161–191. Die folgenden Zahlenan- gaben ebd., S. 185 f. Vgl. zudem Christoph Dieckmann/Babette Quinkert (Hg.) : Im Ghetto 1939–1945. Neue Forschungen zu Alltag und Umfeld, Göttingen 2009 (Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialis- mus, 25). Zu den unterschiedlichen Ghettotypen im Warthegau vgl. Alberti, Verfolgung, S. 147–217. 57 Zum Folgenden Wenzel, Zwangsarbeitslager, S. 138–143. 58 Gerlach, Ausweitung, S. 10. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik Band 1
Titel
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band
1
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Heinrich Berger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21217-1
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
426
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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