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242 | Christian DĂĽrr und Ralf Lechner
Tabelle 2 : Prozentuelle Aufteilung der Kranken nach Unterbringungsort
Krankenrevier Sonderrevier Sanitätslager
1939 21,0 79,0 –
1940 11,7 88,3 –
1941 9,0 91,0 –
1942 5,0 95,0 –
1943 3,5 – 96,5
1944 1,9 – 98,1
1945 1,5 – 98,5
Quelle : Maršálek, Geschichte, S. 203
Mit der Einweisung neuer Häftlingsgruppen ging eine weitere soziale Differenzierung
der Häftlingsgesellschaft einher. Zusätzlich zu den Kriterien der politisch/ideologi-
schen Gegnerschaft sowie der Devianz in sozialer oder rassenbiologischer Hinsicht
wurden die KZ-Häftlinge nach nationaler Herkunft eingestuft.136 Nach dem Eintreffen
von – mehrheitlich aus Slowenien stammenden – Jugoslawen sowie von tschechischen
Deportierten und vor allem der sowjetischen Kriegsgefangenen fiel der Vernichtungs-
druck zunehmend von den Spaniern und Polen ab. Häftlinge aus diesen beiden Grup-
pen konnten, nachdem die «Kriminellen» allmählich aus diesen Positionen verdrängt
worden waren, in der zweiten Kriegshälfte auch wichtige Stellen in der Häftlingsselbst-
verwaltung besetzen. Republikanische Spanier nahmen letztlich sogar eine privile-
gierte Stellung innerhalb der Häftlingshierarchie ein.137 Mit Personen aus Frankreich,
den Beneluxstaaten, Skandinavien, SĂĽd- und Osteuropa sowie mit sowjetischen Zivi-
listen fand ab 1942 analog zum Kriegsverlauf eine fortwährende Internationalisierung
der Häftlingsgesellschaft statt, die sich in einer ständig neuen Ausdifferenzierung des
konzentrationären Klassifikationssystems auswirkte.
Eine langsam anlaufende, aber nachhaltige Neuausrichtung des Arbeitseinsatzes der
KZ-Häftlinge begann im Frühjahr 1942. Aus machtpolitischem Kalkül, wie zuvor beim
Einstieg in die Baustoffindustrie, wurde die Verwaltung der Konzentrationslager neu
strukturiert. Hitler hatte am 21. März 1942 Fritz Sauckel zum «Generalbevollmächtig-
ten für den Arbeitseinsatz» ernannt. Um den vermuteten Zugriff Sauckels auf die KZ-
Häftlinge abzuwenden und die Herrschaft der SS über diese zu erhalten, ließ Himmler
wenige Tage vor Sauckels Ernennung zum «Generalbevollmächtigten» die IKL dem SS-
Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (SS-WVHA) als «Amtsgruppe D» einverleiben.138
136 Zum sozialen Feld des Konzentrationslagers siehe Sofsky, Ordnung des Terrors, insb. S. 137–151.
137 Vgl. Dürr, Vom Bürgerkrieg ins KZ, S. 27 f.; Schröck, Vom Spanischen Bürgerkrieg ins Konzentrations-
lager.
138 Orth, System, S. 162 ff.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band 1
- Titel
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Band
- 1
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Heinrich Berger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 426
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen