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Konzentrationslager Mauthausen-Gusen 1938–1945 |
Wenige Wochen nach der Einrichtung des Außenlagers für die Steyr-Daimler-Puch
AG gelangte auch deren Mutterkonzern, die Göring-Werke, zu einer Übereinkunft hin-
sichtlich der Abstellung von KZ-Häftlingen. Aus der massiven Industrialisierung des
Reichsgaues Oberdonau war bereits kurz nach dem «Anschluss» ein ebenso enormer
Bedarf an elektrischer Energie entstanden. Zur Deckung des Energiebedarfs wurde
entlang des Flusses Enns eine Kette von Wasserkraftwerken errichtet. In Ternberg hatte
das Tochterunternehmen der Göring-Werke «Deutsche Bergwerke und Hüttenbau
GmbH» 1939 mit der Errichtung eines Kraftwerkes begonnen. Ab 15.
Mai 1942 wurde
innerhalb des dort bestehenden Zwangsarbeiterlagers ein Bereich für KZ-Häftlinge
aus Mauthausen eingerichtet. Um der Forderung nach Arbeitskräften nachkommen
zu können, hatte die Kommandantur am Vortag das Außenlager Vöcklabruck aufge-
löst und dessen Gefangene nach Ternberg überstellt.147 Der Kraftwerksbau bestimmte
1942/43 den Arbeitseinsatz von Mauthausen-Häftlingen außerhalb des Stammlagers :
Ab 19. November 1942 mussten Mauthausen-Häftlinge in Passau an der Errichtung
eines neuartigen, vor Luftangriffen sicheren Unterwasserkraftwerks arbeiten.148 Ab
14. Jänner 1943 wurden Häftlinge aus Mauthausen im Auftrag der Österreichische
Kraftwerke AG auch an der Baustelle des Ennskraftwerkes Großraming eingesetzt.149
In dem Außenlager Loiblpass kamen die Häftlinge ab Juni 1943 ebenfalls bei Bautä-
tigkeiten zum Einsatz, sie mussten dort den Tunnel zur Erschließung der strategisch
wichtigen Nord-Süd-Verbindung errichten.150
Die Göring-Werke und die 1942 aus dem Konzern ausgegliederten Steyr-Daimler-
Puch-Werke waren auch weiterhin die hauptsächlichen Nutznießer der kostengünsti-
gen Arbeitskraft aus dem Konzentrationslager Mauthausen/Gusen. Ab 11.
Jänner 1943
wurden im «SS-Arbeitslager Linz» KZ-Häftlinge bei einem Hochofenschlacke-Verar-
beitungsbetrieb der Reichswerke eingesetzt.151 Ab 15. Juni konnte auch ein weiteres
Tochterunternehmen der RWHG, die Österreichisch-Alpine Montan Gesellschaft, die
147 Vgl. Florian Freund : Zwangsarbeit beim Bau der Ennskraftwerke, in : Oliver Rathkolb/Florian Freund
(Hg.), NS-Zwangsarbeit in der Elektrizitätswirtschaft der «Ostmark» 1938–1945. Ennskraftwerke
– Ka-
prun – Draukraftwerke – Ybbs-Persenbeug – Ernsthofen, Wien/Köln/Weimar 2002, S. 1–126.
148 Vgl. Elmar W. Eggerer : «Waldwerke» und «Oberilzmühle». Die Passauer KZ-Außenlager und ihr Um-
feld, in : Winfried Becker (Hg.), Passau in der Zeit des Nationalsozialismus. Ausgewählte Fallstudien,
Passau 1999, S. 527–542. Das Lager Passau I war am 19. Oktober 1942 als Außenlager des KZ Dachau
gegründet worden. Gemeinsam mit den Dachauer Außenlagern St.
Lambrecht und Schloss Lind wurde
es am 19. November 1942 in die Administration des Konzentrationslagers Mauthausen übernommen.
149 Vgl. Freund, Zwangsarbeit beim Bau der Ennskraftwerke.
150 Zum Außenlager Loiblpass siehe : Josef Zausnig : Der Loibl-Tunnel. Das vergessene KZ an der Süd-
grenze Österreichs. Eine Spurensicherung, Klagenfurt 1995 (Dissertationen und Abhandlungen des
Slowenischen Instituts zur Alpen-Adria-Forschung, 37) ; Florian Freund : Was «kostet» ein KZ-Häft-
ling ? Neue Dokumente zur Geschichte des KZ Loibl-Pass, in : Jahrbuch Dokumentationsarchiv des
österreichischen Widerstandes (1989), S. 31–51.
151 Perz, KZ-Häftlinge.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
Band 1
- Titel
- Mauthausen und die nationalsozialistische Expansionsund Verfolgungspolitik
- Band
- 1
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Heinrich Berger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21217-1
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 426
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen