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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 47 -
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47Wege deutscher Häftlinge in das KZ Mauthausen | kommunistische Deserteure für Befragungen zur Verfügung. Zuvor trauten sich viele nicht, ihre Geschichte in Deutschland öffentlich machen. Die Zeugen Jehovas wurden und werden in fast allen Diktaturen verfolgt, unter an- derem deswegen, weil sie sich der Wehrpflicht entziehen, so auch im nationalsozialis- tischen Deutschland. Sie wurden aber auch gerade wegen ihrer religiösen Prinzipien- festigkeit in KZ von der SS als Funktionshäftlinge eingesetzt oder putzten in deren Häusern, da man von ihnen keine Anschläge befürchtete. Zeugen Jehovas hatten sich jahrzehntelang nach dem Krieg nicht interviewen lassen, aber Ende der 1990er Jahre hatte sich die «offizielle» Haltung ihrer Zentralen sowohl in Deutschland als auch in den USA geändert, sodass man die Untersuchung der Geschichte ihrer Verfolgung un- ter dem Nationalsozialismus zu unterstützen begann und selbst einige Darstellungen bzw. einen Film veröffentlichte.64 Dennoch lehnten zwei angesprochene Zeugen Jeho- vas es ab, ein Interview zu geben, und die, die wir befragten, mussten im Vorfeld über längere Zeit überzeugt werden. Eine weitere Ursache dafür, warum es besondere Schwierigkeiten in Deutschland gibt, Interviewpartner unter früheren KZ-Häftlingen zu finden, dürfte darin liegen, dass die Zahl der «Kriminellen» oder «Asozialen» unter den deutschen KZ-Häftlingen signifikant höher war als in anderen Ländern und dass diese nach wie vor stigmati- siert werden. Wie auch aus politischen Gründen verfolgte Deutsche waren sie meis- tens schon länger der Haft ausgesetzt gewesen als die Masse der später eingelieferten Häftlinge. Wegen ihrer deutschen Muttersprache, aber auch aufgrund einer gezielten Strategie der Lagerleitungen wurden sie eher als Funktionshäftlinge eingesetzt. Auch nach 1945 wurden sie als «Kriminelle» und «Asoziale» weiterhin stigmatisiert, materi- elle und immaterielle Entschädigungen für die Lagerhaft wurden ihnen verwehrt und sie blieben auch aus den Überlebendenorganisationen ausgeschlossen. Diese Aspekte hatten zur Folge, dass viele, die von der SS im Lager als «Kriminelle» oder «Asoziale» kategorisiert worden waren, in der Nachkriegszeit Probleme hatten, über ihre Erfah- rungen zu berichten. Einer derjenigen, den wir befragen konnten, Herr Langkraer, war wohl niemals Funktionshäftling gewesen und war selbst gefoltert worden, aber seine Lebensgeschichte und sein Auftreten verhalfen ihm nicht gerade zu Sympathien. Aus Deutschland kamen auch relativ mehr Funktionshäftlinge als aus anderen Län- dern ; nicht nur «Kriminelle» oder «Asoziale», auch andere Funktionsträger waren we- gen ihrer deutschen Muttersprache ausgewählt worden. Für manche von ihnen scheint dies heute problematisch zu sein, da viele ehemalige Funktionshäftlinge sich nach 1945 mit dem Vorwurf der Kollaboration konfrontiert sahen. 64 Videodokumentation «Standhaft trotz Verfolgung  – Jehovas Zeugen unter dem NS Regime», Deutsch- land 1996 ; die Begleitbroschüre zur gleichnamigen Ausstellung : Lila Winkel  – die «vergessenen Opfer» des NS-Regimes. Die Geschichte eines bemerkenswerten Widerstandes, hg. v. Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, Deutscher Zweig, e. V., Selters a. T. 1999. Grundsätzlich zum Thema : Detlef Garbe : Zwischen Widerstand und Martyrium. Die Zeugen Jehovas im «Dritten Reich», München 41999 [1993] (Studien zur Zeitgeschichte, 42). Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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