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54 | Melanie Dejnega
rung bildete. Er war regelmäßig als Zeitzeuge an Wiener Schulen tätig. Zum Zeitpunkt
des Interviews im Jahr 2002 lebte er als Rentner in Wien. Er verstarb 2006.10
Josef Hechenblaikner : «Man hat sich von der übrigen Welt distanziert und ist halt
einen anderen Weg gegangen»
Der 1911 geborene Tiroler Josef Heckenblaikner wuchs als jüngstes von sieben Kindern
in einem Dorf im Norden Tirols auf einem kleinen, von der Familie bewirtschafteten
Bauernhof auf.11 Nach drei Jahren Volksschule musste er im elterlichen Betrieb mithelfen
und verschiedene Gelegenheitsarbeiten annehmen. 1935, im Alter von 24 Jahren, trat er
der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas bei und widmete von da an einen Teil
seiner Freizeit dem Bibelstudium und der Lektüre des «Wachtturms».12 Etwa zur selben
Zeit schloss sich der Tiroler auch den damals illegalen Nationalsozialisten an. Zunächst
vom «Anschluss» Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich begeistert,
distanzierte er sich aber schließlich von der NSDAP und intensivierte im Gegenzug
seine Beschäftigung mit dem christlichen Glauben und sein Engagement bei den Zeugen
Jehovas. Als er im Jänner 1939 den Wehrdienst verweigerte, wurde er verhaftet und in
das Gestapo-Gefängnis nach Innsbruck eingeliefert, von wo er zwei Monate später nach
Dachau überstellt wurde. Ein halbes Jahr später kam er nach Mauthausen. Dort arbeitete
er zunächst als Steinmetz am Bau der Lagermauer und später als eine Art «persönlicher»
Handwerker des Lagerkommandanten. 1943 wurde er nach Gusen verlegt.
Nach der Befreiung kehrte Josef Hechenblaikner im Juli 1945 in seinen Tiroler
Heimatort zurück und arbeitete im Straßenbau. 1949 heiratete er. In weiterer Folge
arbei
tete er in Forstbetrieben, Ziegel- und Armaturenwerken sowie als Heizer. Obwohl
Hechen
blaikner immer an seinem Glauben an die Bibel festhielt, wurde er 1955 auf-
grund der Lektüre nicht glaubenskonformer Schriften aus der Gemeinschaft der Zeu-
gen Jehovas ausgeschlossen. Josef Hechenblaikner lebte zum Zeitpunkt des Interviews
im Jahr 2002 als Rentner in Tirol und ist kurze Zeit später verstorben.13
Leopold Redlinger : «Damals war ich noch ein gläubiger Kommunist»
Leopold Redlinger wurde 1917 in Mattersdorf im heutigen Burgenland geboren.14 Sein
Vater, ein Kaufmann, stammte ursprünglich aus Pressburg (Bratislava) ; die Familie sei-
10 Seine Lebenserinnerungen veröffentlichte er unter dem Titel : Als «Innitzergardist» in Dachau und Maut-
hausen. Ein Rückblick zum 50. Jahrestag, Freiburg i. Br. 1988 (Neuausgabe : Wien 1997).
11 AMM, MSDP, OH/ZP1/363, Interview Hechenblaikner.
12 Der «Wachtturm» ist das zentrale Publikationsorgan der Zeugen Jehovas, in dem Bibeltexte interpretiert
und verbreitet werden. In Österreich unterlag die Zeitschrift bereits seit 1933 einer Zensur.
13 Verein Lila Winkel – Vereinigung zur Rehabilitierung und Unterstützung von Opfern der NS-Zeit : Op-
ferberichte. Hechenblaikner Josef, URL : http://www.lilawinkel.at/hechenblaikner-josef/ (27. 9. 2020).
14 AMM, MSDP, OH/ZP1/143, Interview mit Leopold Redlinger, Interviewerin : Katrin Auer, Wien, 20. 11./
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen