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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 76 -
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76 | Melanie Dejnega die Verwendung des «wir» für eine vom Erzähler frei gewählte Gruppe, deren Mitglie- der untereinander ein solidarisches Verhalten zeigen.46 In der Erzählung Kleinmanns tauchen im Zusammenhang mit der Verhaftung und Deportation zwei Wir-Gruppen auf : zum einen die bereits erwähnte Gruppe der «Wiener», der sich Kleinmann zu- gehörig fühlte, zum anderen meint Fritz Kleinmann mit «wir» auch sich selbst und seinen Vater, den er auf dem Weg vom Ankunftsbahnhof in Weimar zum Konzentra- tionslager Buchenwald wiedergetroffen hatte, von wo an sie sich wechselseitig um das Wohlergehen und Überleben des jeweils anderen kümmerten. Das unverhoffte und schicksalsweisende Wiedersehen mit dem Vater ist dabei in der gesamten Erzählung ein immer wiederkehrendes Motiv : «Im Fußballstadion  – waren wir über 1048 Juden. Und nach drei Wochen sind wir dann vom Westbahnhof im Viehwaggon nach Buchenwald  – geliefert worden. Und am Weg nach Buchen wald, am Fußmarsch habe ich dann meinen Vater getroffen. // hmh //  – Und da waren wir dann immer zusammen, net. Haben zusammengehalten, wir haben gesagt, wie Pech und Schwefel, net.»47 In der Schilderung der dreiwöchigen Inhaftierung im (später nach Ernst Happel be- nannten) Wiener Fußballstadion und der Deportation nach Buchenwald meint Klein- mann mit «wir» eindeutig die Wiener Juden, die gemeinsam mit ihm festgehalten wur- den. Nach dem Treffen mit dem Vater bezieht sich das «wir» schließlich nur noch auf die Vater-Sohn-Beziehung. Wie aus dem weiteren Erzählverlauf hervorgeht, kommt beiden Bezugsgruppen («Wiener» bzw. «Österreicher» und Vater-Sohn-Beziehung) eine wesentliche Bedeutung in der Erzählung von Verfolgung und Überleben zu : So schmuggelte ein aus Wien stammender Zivilarbeiter in Monowitz für Kleinmann Post in das Lager und auch aus dem Lager heraus, und eine ehemalige Wiener Bekannte schickte über jenen Zivilarbeiter überlebensnotwendige Lebensmittel ins Lager. Sei- nem Vater hatte Kleinmann zwar in Buchenwald geholfen zu überleben, in Auschwitz- Monowitz tauschten sie aber schließlich die Rollen. Denn als Kleinmanns Vater Kapo im Monowitzer Verdunklungskommando wurde, ließ dieser seinen Sohn von da an fortwährend an seinen Privilegien wie etwa Zusatzrationen an Essen teilhaben. Als Fritz Kleinmann in seiner Lebensgeschichte auf Verhaftung und Deportation zu sprechen kommt, ist der Wechsel in die erste Person Plural das auffälligste Merkmal der Erzählung. Entgegen meiner Erwartung, dass Verhaftung und Deportation einen negativen Bruch in der lebensgeschichtlichen Erzählung des Überlebenden markieren würden, taten sie das hier nicht. Ohnmacht und Hilflosigkeit werden von dem Inter- viewten vor allem in der Zeit vor der Verhaftung thematisiert, also im Rahmen zu- nehmender antisemitischer Maßnahmen wie der Berufsverbote oder (punktuell) des 46 Ebd., S. 160. 47 AMM, MSDP, OH/ZP1/125, Interview Kleinmann. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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