Seite - 94 - in Deportiert nach Mauthausen, Band 2
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94 | Peter Hallama
seinem Studium in Prag, Paris und Rom spezialisierte sich Bušek auf das Kirchenrecht
und wurde in den 1920er Jahren an die junge Comenius-Universität in Bratislava be-
rufen, wo er 32-jährig zum Professor und schließlich zum Rektor ernannt wurde. Nach
der Föderalisierung der Zweiten Tschecho-Slowakischen Republik fand er sich Ende des
Jahres 1938 unter jenen tschechischen Professoren wieder, die aufgrund der Maßnahmen
der slowakischen Autonomiebehörden gezwungen waren, Bratislava zu verlassen. Bušek
konnte daraufhin an der Masaryk-Universität in Brünn seine Arbeit fortsetzen.42
Miloš Vítek, ein weiterer Brünner Professor, der vor Weihnachten 1941 verhaftet
worden war, erinnerte sich an die Haft im Kaunitz-Kolleg, wo er seine Zelle zunächst
nur mit einigen wenigen Kollegen geteilt hatte : «Der Verwalter Duba stopfte bald da-
nach über 20 von uns in ein Studierzimmer, um ‹die ganze Universität beisammen›
zu haben und um den Besuchern zeigen zu können, wie die tschechische Intelligenz
‹schwitzt und erstickt›.»43
Die Zusammenstellung eines Transports im Kaunitz-Studentenheim in Brünn im
Jänner 1942 beschreibt Karel Littloch, ein 1890 geborener tschechischer Mittelschul-
lehrer und Schuldirektor :
«Es war ein ergreifendes Wiedersehen von Bekannten und ein freundliches Vorstellen Unbe-
kannter. Alle hatten gute Laune, vor allem nach den Gesprächen über die Situation dort in
der Ferne, draußen. […] Alle waren unerschrocken, tapfer in das neue Martyrium zu gehen,
mit dem Kredo : Wir müssen durchhalten und wir werden durchhalten ! Wir sprachen im
Dunkeln bis drei Uhr früh, als sich die Türen öffneten mit dem Befehl zum Aufbruch.»44
Noch mehr als Vít Krombholz beschreibt auch Karel Littloch eine optimistische, ja
abenteuerliche Situation. Die vermeintliche Solidarität unter den Gefangenen und der
Glaube an ein besseres Morgen vermitteln den Eindruck von Tatkraft und Zuversicht-
lichkeit, keine Spur dagegen von Passivität und Desillusionierung.
Im Autobus wurden Littloch und seine Mitgefangenen zum Bahnhof gebracht, wo
in den Waggons bereits Häftlinge aus einem anderen Lager warteten. Unter Schlägen
wurden die Häftlinge verladen und bekamen, bevor der Zug gegen sechs Uhr abfuhr,
Brot und Wurst ausgehändigt. Während eines Zwischenhalts in Wien wurden die
Häftlinge von einigen Personen beobachtet. Äußerst positiv – und den Erinnerungen
mancher jüdischer Häftlinge entgegengesetzt, wie wir weiter unten sehen werden –
42 Vladimír Kindl : Vratislav Bušek, in : Petra Skřejpková/Ladislav Soukup (Hg.), Antologie české právní
vědy (2. polovina 19. století až 30. léta století 20.) [Anthologie der tschechischen Rechtswissenschaft
(2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts)], Praha 1993, S. 97–103 ; Josef
Tomeš et
al.: Český biografický slovník XX. století, Bd. 1 : A–J, Praha/Litomyšl 1999, S. 164 f.; die Einträge
im CSBA ; sowie die biografische Skizze online unter http://www.historyoflaw.eu/czech/Busek-medajlo
nek.pdf (29. 9. 2020).
43 Vítek, Mauthausen, S. 12.
44 Littloch, Mauthausen, S. 14.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen