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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 109 -
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Piotr Filipkowski Biografische Hintergründe und präkonzentrationäre Identitäten von polnischen Deportierten Einführung : Das Konzentrationslager – die Welt an sich ? Die Einlieferung in ein Konzentrationslager macht Menschen zu Nummern. Diese Vorstellung ist sowohl in der Forschung wie in populären Diskursen über das KZ-Sys- tem weit verbreitet. Sofsky schreibt etwa, dass die Aufnahmeprozedur den Ankömm- ling «brutal von seiner Lebensgeschichte abtrennte und zum Lagerinsassen pro gram- mierte».1 Mit dem Erhalt der Lagernummer verliert der KZ-Häftling demnach nicht nur seinen Namen, sondern auch seine bisherige Identität. Diese Ansicht scheint zu einem konstitutiven Bestandteil eines Narrativs von KZ-Haft und Überleben geworden zu sein. Trotz, besser : gerade wegen der rhetorischen Kraft der Formel «Vom Mensch zur Nummer» muss sie doch an den konkreten Erfahrungen respektive Erinnerungen der Überlebenden gemessen und empirisch überprüft werden. Die Lebensgeschichten von Mauthausen-Überlebenden  – im vorliegenden Beitrag polnischer Überlebender  – erlauben uns eine solche Herangehensweise, zumal diese Überlebenden häufig aus- führlich über ihre vorkonzentrationären Erfahrungen berichtet haben. Kann die Erin- nerung und das Näherbringen dieser Schicksale  – oder eher die Art des Erinnerns und des Erzählens  – uns dabei helfen, die Lagererfahrungen dieser Menschen zu verstehen, und wenn ja  – auf welche Weise ? Und schließlich : Welche Bedeutung hat dieses bio- grafische «Davor» für das Leben «danach», für die Interpretation der Lagererlebnisse und die Versuche, einen Sinn darin zu finden ? Das sind keine banalen Fragen. Ein beträchtlicher Teil der Lagererinnerungen, aber auch gerade die wissenschaftliche und populäre Literatur zum Thema nationalsozialis- tische Konzentrationslager ignoriert das Leben der späteren Häftlinge in der Zeit vor dem Lager, insbesondere das Leben in der Vorkriegszeit. Primo Levi  – um hier nur den großen Klassiker der selbstdokumentarischen Lagerliteratur zu zitieren  – beginnt sein erstes und am stärksten autobiografisches Buch «Ist das ein Mensch ?» mit dem Satz : «Am 13. Dezember 1943 wurde ich von der faschistischen Miliz festgenommen.»2 Eine solche Konstruktion der Erzählungen von Überlebenden  – aber auch der Er- zählungen über diese  – betont die Besonderheit der Lagererlebnisse, ihre Abweichung von allem, was vorher passiert war und was man davor erlebt hatte. Der Abbruch der 1 Wolfgang Sofsky : Die Ordnung des Terrors. Das Konzentrationslager, Frankfurt a. M. 31999 [1993], S. 98. 2 Primo Levi : Ist das ein Mensch ?, in : ders., Ist das ein Mensch ?  – Die Atempause, München 21989 [1958], S. 21. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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