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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 126 -
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126 | Piotr Filipkowski günstig. Aber dann kam die Krise, die große Krise nach 1929. Und 1932 sagte mir leider Herr Michalski […], dass ich kein Stipendium mehr bekommen könne. Deshalb begann ich als Lehrer zu arbeiten.»26 Im zweiten Teil unseres Interviews fragte ich meinen Gesprächspartner nach Details aus jener Zeit und seinen damaligen Erfahrungen als Lehrer. Diese Arbeit war für ihn nicht nur ein Beruf, sondern vor allem eine Berufung  – er meinte eine Mission zu erfüllen. «Ich betrachtete die Schule, besonders die Mittelschule, und ab 1934 arbeitete ich schon in staatlichen Schulen, als eine sehr wichtige Einrichtung. Ich bemühte mich, ein ehrlicher, lo- yaler Lehrer zu sein, der seine Schüler zu guten Polen erzog. Viele meiner Schüler kamen in Konzentrationslager. Sogar nach Gusen. […] Gute Jungen, fast alle waren im Untergrund tätig.»27 Das Wichtigste an der Bildungsvermittlung ist hier nicht die Weitergabe von Wissen, sondern die Erziehung der Jugendlichen zu Patrioten und mündigen Bürgern. Wie er- folgreich diese Erziehung war, zeigte sich daran, dass viele Schüler während des Kriegs im Untergrund tätig waren, weswegen sie oft verhaftet und in Konzentrationslager geschickt wurden. Der zentrale Wert dieser Erziehung liegt also in der Hingabe für die Gemeinschaft  – die Heimat, das Volk. Bei der Interpretation zahlreicher anderer Berichte aus der Intelligenzgruppe sollten wir noch andere Werte hinzufügen, unter anderem den Glauben an Gott. Diese Deklaration Dobosiewicz’ kann als ein Ausdruck des polnischen intellektuel- len Ethos verstanden werden. Eine wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Eigenschaft, die die Intelligenz von allen anderen sozialen Schichten oder Gruppen unterschied, soll  – nach Meinung vieler Historiker und Soziologen  – ebenjene «Beru- fung», «Mission», «geistige Führung» gewesen sein. Das polnische intellektuelle Ethos hat, wie hier gut ersichtlich ist, romantische Wurzeln.28 Dieses Ethos hängt nicht von einer politischen Überzeugung ab. Stanisław Dobosie- wicz war vor dem Krieg aktives Mitglied linksgerichteter Organisationen. Die meisten Zeitzeugen, auch jene aus der Intelligenzgruppe, versuchten diesem Ethos in einem 26 AMM, MSDP, OH/ZP1/075, Interview Dobosiewicz. 27 Ebd. 28 Die Diskussion über das polnische intellektuelle Ethos wird in den polnischen Sozialwissenschaften seit Jahrzehnten ununterbrochen, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, geführt. Unter den zahlrei- chen Publikationen ist eine synthetische Darstellung empfehlenswert : Janusz Żarnowski : Inteligencja Polska, jej ewolucja historyczna przed wojną i w dobie powojennej [Die polnische Intelligenz, ihre his- torische Entwicklung vor dem Krieg und in der Nachkriegszeit], in : Rocznik Dziejów Społecznych i Gospodarczych 79 (2018), S. 127–163. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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