Seite - 161 - in Deportiert nach Mauthausen, Band 2
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161Erlebnisse
spanischer Republikaner auf dem Weg nach Mauthausen |
«Zu Fuß hundert Kilometer, um nach Colmar zu gelangen, auf halbem Wege auf einem Fuß-
ballfeld reißen wir Gras aus, in einer halben Stunde fressen wir das ganze Feld auf. Wir ge-
hen nach Belfort, die Hauptstadt von Elsass-Lothringen, und dort stecken sie uns zu all den
Kriegsgefangenen, dort ging es uns gut, das ganze Jahr 1940, bis zum Jänner 1941, als wir alle
in einem Zug in ein Kriegsgefangenenlager kommen, Stalag XI-B [in Fallingbostel, MV], in
der Nähe von Hannover.»29
Auch Antonio Roig Llivi kam vom Frontstalag 140 in Belfort in das Stalag XI-B in Fal-
lingbostel. Über das Leben im Kriegsgefangenenlager berichtet er :
«Sie nehmen unsere Personalien auf, und in die Baracken, die etwas über 300 Spanier in die
gleiche Baracke, wir waren organisiert. Unter den Alten gab es Professoren, gebildete Leute,
und sie ließen uns Unterricht nehmen. Vorher nicht. Unterricht oder Versammlungen, denn
die Deutschen mischten sich da nicht ein. Da war ein Deutscher für 300 oder 600 Leute. Ich
habe gelesen, Karten und Dame gespielt, wir haben uns nicht gelangweilt, der Unterricht am
Nachmittag : Mathematik, Geografie, Geschichte. Das Essen war schlecht, aber man konnte
es essen.»30
Zusammen mit dem 29-jährigen aus der Provinz Toledo stammenden Emiliano Pérez
Dorado gerieten etwa zweitausend Republikaner aus fünfzehn Kompanien in die Falle
von Dünkirchen, wo Ende Mai 1940 ca. 400.000 alliierte Truppen eingekesselt wurden.
Im Zuge der Evakuierungsaktion schlossen sich 1600 Spanier den alliierten Streitkräf-
ten an, aber 250 wurden nach Cherbourg zurückgebracht, von wo aus sie versuchten,
in den Süden Frankreichs zu gelangen.
Von jenen, die vor den deutschen Truppen nach Süden flüchteten, landeten viele
in dem seit 1938 bestehenden Lager für spanische Flüchtlinge bei Angoulême. Unter
ihnen befand sich der 23-jährige aus Rasueros in der Provinz Ávila stammende Pablo
Escribano, der die Situation folgendermaßen beschreibt :
«Und als wir nach Angoulême gekommen sind, haben wir gesagt : Es ist nicht die Mühe wert,
noch weiter zu gehen, da Frankreich von den Deutschen besetzt ist, und wir sind dort geblie-
ben, im Lager der spanischen Flüchtlinge.»31
Einigen der interviewten Überlebenden gelang es, aus der Gefangenschaft zu fliehen und
sich der französischen Résistance anzuschließen, wie dem in Dünkirchen gefangen ge-
nommenen Emiliano Pérez Dorado, der in ein Kriegsgefangenenlager in Belgien kam :
29 AMM, MSDP, OH/ZP1/171, Interview mit Jaume Álvarez Navarro, Interviewerin : Mercedes Vilanova,
Barcelona, 9. 4. 2002.
30 AMM, MSDP, OH/ZP1/179, Interview Roig Llivi.
31 AMM, MSDP, OH/ZP1/194, Interview Escribano Cano.
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen