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182 | Anne-Marie Granet-Abisset
man ihm anbietet. Dies gilt es zu berücksichtigen, um diese Erzählungen analysieren
zu können.
Um im Rahmen der Zielsetzung dieser ersten Etappe des Programms zu bleiben,
ist hier wie gesagt der Zeitraum vor dem Aufbruch privilegiert worden ; mit anderen
Worten stehen die Motive der Verhaftung und der Internierung mit all dem im Vor-
dergrund, was sie über die Situation des Landes zu dieser Zeit verraten. Aber bevor
ich auf diese Erzählungen und ihre Einschätzung zurückkomme, sind einige Hinweise
zum Kontext der Untersuchung und der Zusammensetzung des französischen Samples
notwendig. Wenn Frankreich entsprechend der Präsenz französischer oder aus Frank-
reich kommender Deportierter in Mauthausen8 relativ stark repräsentiert war, so ist
dieses Sample, auch wenn seine Zusammenstellung sorgfältig durchdacht war, natür-
lich immer noch unvollkommen, selektiv und nicht restlos objektiv. Zunächst gilt es
den Zeitraum, in dem diese Interviews durchgeführt wurden, zu berücksichtigen. Zu
dieser Zeit, Anfang der 2000er Jahre, war eine Reihe von betroffenen Personen bereits
verstorben oder konnte
– bzw. wollte
– kein Zeugnis mehr ablegen. Die Durchführung
der Aufzeichnungen zu dieser Zeit hat es jedoch noch erlaubt, ehemalige Deportierte
unmittelbar zu Wort kommen zu lassen. Eine große Zahl von ihnen könnte heute kein
Zeugnis mehr ablegen (da sie zu alt und schwach oder bereits verstorben sind). Der
größte Teil hatte es freilich bereits sehr häufig in unterschiedlichem Rahmen getan :
im Rahmen der Deportierten-Verbände (FNDIRP oder ANACR9), des Verbandes
der französischen Mauthausen-Überlebenden Amicale de Mauthausen oder auch im
schulischen Rahmen.
Zeugenschaft
Die befragten Überlebenden waren in der Mehrzahl Männer, was der Zusammenset-
zung der KZ-Insassen von Mauthausen während fast der gesamten Periode entspricht.
Ebenso wie die in Mauthausen inhaftierten Frauen in der Minderheit waren, sind es
auch die Frauen im Korpus (fünf sind interviewt worden). Obwohl diese Frauen in
großer Zahl erst im Zuge der Evakuierung der Lager in den letzten Kriegswochen nach
Mauthausen gekommen sind, ist ihr Zeugnis dennoch von Bedeutung.10 «Ich habe
niemals Frauen in Mauthausen gesehen», lautet die häufigste Antwort auf die das Ge-
schlecht der Deportierten betreffenden Fragen. Es ist erstaunlich, dass die Männer we-
8 Die Zahl der nach Mauthausen deportierten Franzosen belief sich auf rund 9400 Personen, das heißt
zwischen elf und zwölf Prozent aller Deportierten.
9 FNDIRP = Fondation Nationale des Déportés et Internés Résistants et Patriotes (Nationale Stiftung der
deportierten und internierten Widerstandskämpfer und Patrioten) ; ANACR = Association Nationale des
Anciens Combattants de la Résistance (Nationaler Verband der ehemaligen Kämpfer der Résistance).
10 Vgl. dazu nun Philippe Mezzasalma (Hg.) : Femmes en déportation. Les déportées de répression dans les
camps nazis, 1940–1945, Nanterre 2019.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen