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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 196 -
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196 | Anne-Marie Granet-Abisset Deportierten-Erzählung wechselt. Manche betonen die Tatsache, dass sie hier einige Kontakte (wenn nicht sogar Freundschaften) knüpften, die später während ihrer Inter- nierung von Bedeutung werden sollten ; andere beschreiben diese Phase vor allem als Wartezeit, schwierig in psychologischer Hinsicht, im Vergleich zu den späteren Haft- bedingungen jedoch zu relativieren. Das Lager von Compiègne erscheint als relativ erträglich im Vergleich sowohl zu dem, was folgte, als auch, für einige, zu dem, was vorausgegangen war. Tatsächlich unterscheiden sich die Erzählungen über diesen Auf- enthalt je nachdem, ob der Deportierte nach seiner Verhaftung und vor seiner Über- stellung in dieses Sammellager gefoltert worden ist oder nicht. Das Lager von Compiègne spielte die Rolle eines Sammelzentrums vor der Ver- schickung in die Konzentrationslager ; das Ziel hing von dem Zeitpunkt, zu dem man dort eintraf, sowie von der Dauer des Aufenthalts ab. Für viele Zeugen stand Letzteres mit den «Neuzugängen» in Zusammenhang : Sobald das Lager voll war, leerte man es durch die Organisation von Konvois zu ihnen unbekannten Zielen. So ergibt es sich, wohl der Chronologie und vielleicht der allgemeinen Organisation entsprechend, dass Deportierte bestimmter geografischer Provenienz in Mauthausen offenbar häufiger vertreten waren als andere : Aus der Bretagne scheint eine größere Zahl von ins Lager Mauthausen Deportierten zu stammen als aus anderen Regionen. Dies wird jedoch die quantitative Analyse präzisieren können ; im Fall der mündlichen Befragungen muss man kritisch auf den Effekt von Zeugennetzwerken achten. Der Weg durch das Gefängnis in Frankreich, mit allem, was er an Gewalt und Un- menschlichkeit mit sich brachte, erst recht dann, wenn auch Folter im Spiel war, stellt ebenfalls eine wichtige Phase der Erzählung dar. Alle betonen die Rolle der Milizionäre ebenso sehr wie jene der Gestapo-Leute. Auch wenn die Erzählungen hier verschämt und sehr zurückhaltend bleiben, sind die Worte für den Leser oder den Zuhörer klar. Sie verorten den Zeugen definitiv in der Erfahrung einer anderen Welt, einer Welt, in der das Überleben ebenso sehr, wenn nicht mehr vom Zufall, vom Glück abhängt als von der persönlichen Willenskraft, und dies sogar vor dem Lager. Henri Maître etwa berichtet über seine Verhaftung : «Ich habe gewusst, dass Jackie verraten hatte, an diesem Tag, weil die Deutschen mich zur Ge- stapo brachten, sie brachten mich in den Wald, um sie [die Gestapo, Anm. der Autorin] dahin zu bringen, wo das Lager war. Das Glück wollte es  – nicht das Heldentum  –, das Glück wollte es, dass an diesem Tag gewaltiger Nebel herrschte. Man konnte keine vier Meter weit sehen, und sogar ich, der ich das Gebirge kannte, habe mich verirrt. Ich hatte einen Schutzengel bei mir an diesem Tag.»35 Um in dem für diese Präsentation gewählten Rahmen zu bleiben, lasse ich die Erzäh- lungen über die Anreise beiseite, diese kurze und zugleich unendliche Zeit, diese 35 AMM, MSDP, OH/ZP1/318, Interview Maître, Z. 219–225. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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