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Katja Happe
«… geben Sie besser alle Hoffnung auf.»
Die Deportation von Niederländern nach Mauthausen
als Mittel der Abschreckung
Am 11. Dezember 1941, nachdem bereits Hunderte von Juden aus den Niederlanden
nach Mauthausen deportiert worden waren, verfasste der ehemalige Präsident des
Obersten Gerichts der Niederlande, Lodewijk Ernst Visser, einen «Vermerk über
meine Bemühungen in Zusammenhang mit den jüdischen Geiseln».1 Nicht nur das
Vorgehen der deutschen Besatzer beunruhigte ihn, sondern vor allem das Schicksal der
Deportierten, denn seit dem Beginn der Deportationen nach Mauthausen im Februar
1941 waren immer mehr Todesnachrichten von den Verhafteten in den Niederlanden
eingegangen. Visser war von den deutschen Besatzern im November 1940 aufgrund
seiner jüdischen Herkunft als Vorsitzender des Obersten Gerichts entlassen worden.
Seitdem setzte er sich als Vorsitzender der Jüdischen Koordinations-Kommission (bis
zu deren Auflösung im November 1941) für jüdische Belange in den Niederlanden ein
und versuchte seinen immer noch vorhandenen Einfluss zugunsten jüdischer Hilfsbe-
dürftiger zu nutzen. Sein Bericht legt auf eindrucksvolle Weise Zeugnis ab von dem
Bemühen Vissers, das Schicksal der bis Ende 1941 nach Mauthausen gebrachten Nie-
derländer zu erleichtern. Visser berichtete über die Verhaftungen in den Niederlan-
den und beschrieb detailliert seine Anstrengungen, Einfluss auf die niederländischen
Generalsekretäre und die Vertreter der deutschen Besatzungsmacht zu nehmen. Um
die Bemühungen Vissers und ihr letztendliches Scheitern jedoch nachvollziehen zu
können, ist ein Blick auf die Vorgeschichte der Verhaftungen nötig.
Die Niederlande unter deutscher Besatzung
Am 10. Mai 1940 begann der «Westfeldzug» der deutschen Wehrmacht mit dem Über-
fall auf die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich. Die niederländische Ar-
mee konnte kaum Widerstand leisten und kapitulierte nach nur fünf Tagen. Königin
Wilhelmina und ihr Kabinett flohen nach London, um eine Exilregierung aufzubauen.
1 Bericht von L. E. Visser über seine Bemühungen für die in Mauthausen Inhaftierten vom 11. 12. 1941,
Doc. 00003185, Joods Historisch Museum, Amsterdam (JHM), Übersetzung : Verena Kiefer und Stefan
Häring. Der gesamte Bericht ist in deutscher Übersetzung veröffentlicht in : Katja Happe et
al. (Hg.) : Die
Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland. Bd. 5 :
West- und Nordeuropa 1940–Juni 1942, München 2012, Dok. 107, S. 315–320.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen