Seite - 215 - in Deportiert nach Mauthausen, Band 2
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geben Sie besser alle Hoffnung auf.» |
Wichtig in diesem Zusammenhang war auch ein Rundschreiben des Befehlshabers der
Sicherheitspolizei in den Niederlanden, Wilhelm Harster, vom 1. April 1942, in dem
er die Anwendung der Nürnberger Rassegesetze auch in den Niederlanden anordnete.
Dort hieß es explizit : «Alle Juden, die Aufgebote mit Nichtjuden beantragt haben oder
in Zukunft beantragen, sind in Schutzhaft zu nehmen und dem KL Mauthausen zu
überstellen.»32 Noch deutlicher wurde der Leiter der «Zentralstelle für jüdische Aus-
wanderung», Ferdinand aus der Fünten, am 28. April. Er teilte dem Jüdischen Rat mit,
dass alle Juden, die wegen der Übertretung einer Verordnung oder Bekanntmachung
zu einer Haftstrafe von mehr als sechs Wochen verurteilt würden, diese Haftstrafe in
Mauthausen abzuleisten hätten.33
Die Deportation nach Mauthausen wurde also auch im Jahr 1942 von den deut-
schen Besatzungsbehörden noch immer als Drohmittel verwendet und sollte der Ab-
schreckung dienen. Die Vorstellung, bei einem Vergehen nach Mauthausen deportiert
zu werden, blieb jedoch keine leere Drohung. Mehrere Hundert Juden wurden auf-
grund meist geringer Vergehen tatsächlich deportiert. Unter ihnen waren auch Elias
van Praag und Hartog (Harry) de Wolf. Elias van Praag, geboren 1884, war ein in den
Niederlanden bekannter Theaterschauspieler, Regisseur und Hörspielsprecher. Im Jän-
ner 1941 musste er aufgrund der antijüdischen Maßnahmen seine Stelle als Dozent
der Amsterdamer Theaterschule aufgeben. Er konnte jedoch als Mitglied des jüdischen
Kleinkunst-Ensembles weiterarbeiten, das ausschließlich vor einem jüdischen Publi-
kum auftreten durfte. Im Juli 1942 wurde er verhaftet und wegen der Beschäftigung ei-
ner nichtjüdischen Hausangestellten zu drei Monaten Haft und einer Geldstrafe verur-
teilt. Aufgrund der Verordnung Nr. 200 vom 22. Oktober 1941 war es Juden verboten,
nichtjüdische Hausangestellte zu beschäftigen.34 Die hohe Haftstrafe für eine relativ
unbedeutende Verletzung einer deutschen Verordnung musste Elias van Praag zu-
nächst in einem Gefängnis in Utrecht antreten, bevor er nach wenigen Wochen in das
Gefängnis in Kleve überstellt wurde. Nach dem Verbüßen der dreimonatigen Strafe
kam Elias van Praag jedoch nicht frei, sondern wurde ohne weitere Verurteilung nach
Mauthausen deportiert, wo er Mitte Dezember 1942 umkam.35
32 Staatsarchiv München, Staatsanwaltschaften, 34879/39, Schreiben des BdS in den Niederlanden, Wil-
helm Harster, an alle Außenstellen des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und die Zentralstelle für
jüdische Auswanderung betr. Behandlung des Judentums in den Niederlanden nach den Nürnberger
Rassegesetzen vom 1. 4. 1942., abgedruckt in : Rüter/de Mildt (Hg.), Justiz und NS-Verbrechen, Bd. 25,
Lfd. Nr. 645.
33 NIOD, 182/1d, Archiv des Jüdischen Rats, Besprechungsprotokolle, Mitteilung des Leiters der Zentral-
stelle für jüdische Auswanderung, Ferdinand aus der Fünten, an den Jüdischen Rat vom 28. April 1942.
34 Verordnung des Reichskommissars für die besetzten niederländischen Gebiete, wodurch die Beschäfti-
gung in jüdischen Haushaltungen geregelt wird vom 22. Okt. 1941, in : Verordnungsblatt für die besetzten
niederländischen Gebiete, Nr. 200/1941, S. 846–848.
35 o.A.: Elias van Praag, in : Andreas Baumgartner et al. (Hg.), Der Geist ist frei. Bd. 2 : 45 Biografien von
KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen im KZ Mauthausen und Beiträge zum Internationalen Sympo-
sium 2007, Wien 2008, S. 143–145.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen