Seite - 219 - in Deportiert nach Mauthausen, Band 2
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geben Sie besser alle Hoffnung auf.» |
Ravensbrück zusammen mit ihrer Mutter zu Beginn des Jahres 1945 in Mauthausen
ankam und dort schließlich befreit werden konnte.
Andere, die das Lager überlebten, kamen erst zu Beginn des Jahres 1945 nach Maut-
hausen. Hierbei handelte es sich um Juden und Nichtjuden, die zunächst in andere
Lager deportiert worden waren und nun
– als beim Herannahen der Front die Lager im
Osten aufgelöst und ihre Insassen weiter nach Westen geschickt wurden
– in Mauthau-
sen ankamen. Über die Odyssee durch die verschiedenen Lager berichten zum Beispiel
Hannelore Grunberg-Klein und Regina Langsam-Lewkowicz in ihren Interviews, die
beide von Westerbork über Theresienstadt, Auschwitz und Freiberg nach Mauthausen
transportiert wurden.46 Einen anderen Weg hatte Martinus van der Willik, der sich
der Verpflichtung zur Zwangsarbeit im Deutschen Reich entziehen und über Frank-
reich nach Großbritannien flüchten wollte. Er wurde bei seinem Fluchtversuch gefasst
und nach Buchenwald deportiert. Von dort kam er über Majdanek, Auschwitz, Groß-
Rosen und andere Lager und Gefängnisse schließlich nach Mauthausen und wurde im
Außen lager Gusen befreit.47
All diesen letzten niederländischen Ankömmlingen ist gemeinsam, dass sie mehr
oder weniger «zufällig» in Mauthausen landeten. Der Transport dieser Menschen aus
anderen Lagern entsprang keinem dezidierten Plan der deutschen Verwaltung, son-
dern ergab sich aus der – aus deutscher Sicht – notwendigen Auflösung der Lager im
Osten und der Umverteilung der Insassen auf andere Lager. Mit dem Transport oder
dem Marsch nach Mauthausen war kein Ziel verbunden, abgesehen von dem Wunsch,
die Gefangenen so lange wie möglich für die deutsche Rüstungsindustrie auszubeu-
ten. Wer von diesen Häftlingen noch genug Kraft und Überlebenswillen besaß, hatte
zumindest eine minimale Chance, das Lager zu überleben. Trotzdem starben nach den
mehr als 1300 aus den Niederlanden deportierten Juden noch einmal ca. 300 Nieder-
länder in Mauthausen, die erst ab 1943 angekommen waren, der größte Teil sicherlich
in den letzten Kriegswochen.
Die meisten derjenigen, die in den Jahren vorher aus den Niederlanden nach Maut-
hausen deportiert worden waren, hatten selbst diese kleine Chance zum Überleben
nicht. Ihrem Transport nach Mauthausen lag ein Plan der deutschen Verantwortlichen
zugrunde, der ihnen keine Möglichkeit zum Überleben ließ. Ihr Tod, sei es durch Ar-
beit und Misshandlung (die Juden wurden im Steinbruch eingesetzt) oder Ermordung
(die Offiziere der «Aktion Kugel» und die niederländischen Agenten des «England-
spiels» sowie ein ebenfalls großer Teil der deportierten Juden), war geplant und diente
bestimmten Zwecken. Während die Ermordung der Agenten vermutlich Mitwisser
46 AMM, MSDP, OH/ZP1/546, Interview mit Hannelore Grunberg-Klein, Interviewer : Frank Aarts, Ams-
terdam, 9. 2. 2003 ; AMM, MSDP, OH/ZP1/547, Interview mit Regina Langsam-Lewkowicz, Interviewer :
Frank Aarts, Amsterdam, 24. 11. 2002.
47 AMM, MSDP, OH/ZP1/214, Interview mit Martinus van der Willik, Interviewer : Frank Aarts, Reeuwijk,
23. 8. 2002.
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen