Seite - 229 - in Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Bild der Seite - 229 -
Text der Seite - 229 -
229«Wie
vom Erdboden verschwunden …» |
Dem nationalsozialistischen Besatzungsregime in Norwegen standen im Gegensatz
zu Dänemark keine Hindernisse für die Deportation von rund 9000 Norwegern in
die deutschen Konzentrationslager und Strafanstalten im Wege.23 Die ersten Norweger
wurden bereits wenige Monate nach dem deutschen Einmarsch in Norwegen nach
Sachsenhausen deportiert. Aber erst ab 1942/43 wurde die Deportation norwegischer
Häftlinge ins Ausland systematisiert und die Anzahl der Deportierten erhöht. Unter
den ersten deportierten Norwegern fanden sich wichtige Persönlichkeiten des Landes,
wie unter anderem der Rektor der Universität Oslo, Didrik Arup Seip, der Schriftsteller
Arnulf Øverland und der spätere Ministerpräsident Einar Gerhardsen, die gemeinsam
in einer Gruppe von über 50 Personen im April 1942 nach Sachsenhausen gebracht
wurden.
1942 war auch das Schicksalsjahr der norwegischen Juden. Die Diskriminierung der
etwa 2000 norwegischen Juden begann ab dem Zeitpunkt der deutschen Besatzung.
Ab Jänner 1942 wurden sie einer verstärkten und systematischen antijüdischen Politik
ausgesetzt, die im Herbst 1942 in einer «Judenaktion» gipfelte. Rund 1200 Juden aus
Norwegen gelang jedoch die Flucht nach Schweden. In den Monaten rund um den
Jahreswechsel 1942/43 wurden die norwegischen Juden, die sich nicht nach Schwe-
den retten konnten, deportiert. Die meisten der 776 deportierten Juden aus Norwegen
wurden kurz nach der Ankunft in Auschwitz-Birkenau in den Gaskammern ermordet,
und nur 38 überlebten den Lageraufenthalt. Unter den Überlebenden befand sich der
spätere Mauthausen-Häftling Moritz Nachtstern.24
Ab Herbst 1944 wurden die Deportationen von norwegischen Häftlingen in die
Konzentrationslager seltener, und ab 1945 wurden sie aufgrund fehlender Transport-
möglichkeiten ganz eingestellt.25
23 Die meisten norwegischen KZ-Häftlinge waren in folgenden Konzentrationslagern : über 2500 in Sach-
senhausen, 750 in Buchenwald, über 770 in Auschwitz, 500 in Natzweiler, 350 in Dachau, 370 in Stutthof,
131 in Mauthausen, 130 in Ravensbrück, 110 in Neuengamme, 50 in Bergen-Belsen, 30 in Groß-Rosen.
Diese Zahlen sind mit Ungenauigkeiten verbunden, weil die Nachschlagewerke über die norwegischen
KZ-Häftlinge fehlerhaft sind. Zum Beispiel steht im neusten Nachschlagewerk «Norweger in Gefangen-
schaft 1940–1945», dass 90 Norweger in Mauthausen inhaftiert gewesen seien. Dies sind über 40 Perso-
nen weniger, als ich während meiner Recherche herausgefunden habe. Ottosen/Knudsen, Nordmenn i
fangenskap 1940–1945, S. 62.
24 Bjarte Bruland : Holocaust i Norge. Registrering, Deportasjon, Tilintetgjørelse [Holocaust in Norwegen.
Registrierung, Deportation und Vernichtung], Oslo 2017, S. 589 (deutsche Ausgabe u. d. T. Holocaust in
Norwegen. Registrierung, Deportation, Vernichtung, Göttingen 2019) ; vgl. Bjarte Bruland : The Norwe-
gian Will Die Tonight, in : Moritz Nachtstern/Ragnar Arntzen, Counterfeiter. How a Norwegian Jew Sur-
vived the Holocaust, Oxford/New York 2008, S. 10–23, hier 10, 12–14.
25 Storeide, Fortellingen om fangenskapet, S. 45–47 ; Bruland, The Norwegian Will Die Tonight, S. 10, 12–
14.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
zurück zum
Buch Deportiert nach Mauthausen, Band 2"
Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen