Seite - 230 - in Deportiert nach Mauthausen, Band 2
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230 | Merethe Aagaard Jensen
Die Gefangenschaft in den Heimatländern
Obwohl die meisten der dänischen und norwegischen Mauthausen-Häftlinge größ-
tenteils ihre Haftzeit im Ausland verbrachten, soll hier näher auf die Gefängnisse und
Lager in der Heimat, in denen einige von ihnen sogar ĂĽber ein Jahr in Isolationshaft sa-
ßen, eingegangen werden, weil sie dort oft zum ersten Mal körperlicher wie psychischer
Folterung ausgesetzt waren.
Demütigungen und Folter beschränkten sich aber nicht auf die Verhörräume
und Gefängnisse der Gestapo, sondern setzten sofort nach der Festnahme ein. So
berichtet zum Beispiel der dänische Mauthausen-Häftling Hans Bruun, dass ihn Ge-
stapo-Männer im Glauben ließen, er solle auf der Stelle hingerichtet werden, und ihn
zwangen, sein eigenes Grab auszuheben. Die Frauen wurden auch nicht geschont. Ein
Beispiel ist die 58-jährige Abelone Møkster, die bei der Verhaftung von den Gestapo-
Männern so lange mit Schlagstöcken geprügelt wurde, dass sie Verletzungen an den
Nieren erlitt.26
In Dänemark überstellte man die Verhafteten nach ihrem Aufenthalt in den regiona-
len Hauptquartieren der Gestapo in das Gefängnis Vestre Fængsel nach Kopenhagen.
Bei den Verhören der Gestapo wurde in vielen Fällen Folter eingesetzt.27 Von Vestre
Fængsel wurden die Verhafteten weiter in das Polizeigefangenenlager28 Horserød in
Nordseeland gebracht. Jene dänischen Juden, die während der «Judenaktion» verhaftet
wurden, kamen ebenfalls hierher, so auch die drei jüdischen Mauthausen-Häftlinge aus
Dänemark. Im August 1944 wurde das Polizeigefangenenlager Frøslev an der dänisch-
deutschen Grenze in Betrieb genommen und das Lager Horserød stillgelegt. Für die
innere Lagerleitung und vor allem für die Aufsicht über die Gefangenen war in Frøslev
Personal der deutschen Ordnungspolizei zuständig. Die Versorgung der Inhaftierten
lag dagegen in den Händen des dänischen Gefängniswesens. Die Lebensbedingungen
werden von den Ăśberlebenden als viel besser geschildert als in den Lagern im Deut-
schen Reich, da die Häftlinge eine ausreichende sowie nahrhafte Kost erhielten und
auch Gewalt oder Epidemien kaum vorkamen.29
26 Bruun, På dødsmarch gennem Hitlers Tyskland, S. 14 f.; NHM, 18 G-0001, Fragebogen von Abelone
Møkster.
27 Sven Arvid Birkeland : Taget af tyskerne. Danskere i 2. Verdenskrig [Von den Deutschen verhaftet. Dänen
im 2. Weltkrieg], København 2007, S. 119 f.
28 In Polizeigefangenenlagern verwahrte man Gefangene der deutschen Sicherheitspolizei ohne gesetzliche
Grundlage oder Gerichtsurteil.
29 Birkeland, Taget af tyskerne, S. 106, 120 ; Schulze, Dänische Deportierte in nationalsozialistischen Kon-
zentrationslagern, S. 83, 85 f.; Henrik Skov Kristensen : Eine Station auf dem Weg in die Hölle. Harrislee-
Bahnhof und die Deportation dänischer Gefangener aus Frøslev in deutsche Konzentrationslager/En
station på vej til helvede. Harreslev banegård og deportationen af danske fanger fra Frøslev til tyske
koncentrationslejre, Flensburg/Aabenraa 2002, S. 13 f.
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen