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241«Wie
vom Erdboden verschwunden …» |
wurde oft diskutiert, ob sie durch Gas, Erschießung oder den Galgen sterben werden.
Alle sind auf das Schlimmste vorbereitet.» Viele der NN-Häftlinge des Lagers wurden
Anfang März 1945 nach Mauthausen überführt.77
«Das unbekannte und erschreckende Ziel» – mit diesen Worten beschreibt Sigrid
Heide ihre Gedanken auf der letzten Wegstrecke ins Konzentrationslager Mauthau-
sen.78 Nicht nur den Dänen und Norwegern, die nach Mauthausen kamen, war das
Konzentrationslager unbekannt, sondern auch den Behörden ihrer Heimatländer. Ein
dänischer Mauthausen-Häftling hatte daher das Gefühl, vergessen worden zu sein,
während er für die dänischen Behörden nicht vergessen, sondern nach dem Transport
von Sachsenhausen nach Mauthausen verschollen war.79
Es spielte vermutlich in vielen Fällen eine zentrale Rolle, dass das nationalsozialisti-
sche Regime die Norweger und Dänen in Mauthausen keineswegs lebend aus der Ge-
fangenschaft kommen lassen wollte. Zu diesen Personen gehörte der schon erwähnte
ehemalige dänische SS-Angehörige. Die dänischen Behörden versuchten, das über ihn
verhängte Todesurteil anzufechten. Wahrscheinlich um den dänischen Behörden ent-
gegenzukommen, wurde seine Todesstrafe in 15 Jahre Zuchthaus umgewandelt und er
wurde in die neurologisch-psychiatrische Beobachtungsstation der Waffen-SS in Gie-
ßen eingewiesen. Nachdem er dort als zurechnungsfähig eingestuft worden war, wurde
er im Juli 1943 nach Mauthausen überstellt. Im Frühjahr 1944 kam er im Außenlager
Schwechat ums Leben. Die SS erreichte somit das ursprünglich beabsichtigte : seinen
Tod.80 Dass der oben auch schon erwähnte norwegische Tresor-Knacker im Herbst
1941 vermutlich direkt über den sehr langen Weg von Norwegen nach Mauthausen
deportiert wurde, deutet darauf hin, dass auch er verschwinden bzw. sterben sollte. Er
kam im Juli 1942 im Stammlager Mauthausen ums Leben.81
Obwohl man die meisten Norweger, die bis 1943 nach Mauthausen kamen, in ers-
ter Linie aufgrund ihrer beruflichen Qualifikationen82 ins Lager überstellte, erfuhren
die norwegischen Behörden nur wenig über das Schicksal dieser Personen, vermutlich
weil die Mehrheit von ihnen kurz nach der Ankunft in Mauthausen ins weit entfernte
Außenlager Loiblpass-Süd verbracht wurde.83 Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass
der Großteil der weiblichen und männlichen Norweger und ein Däne in Mauthausen
77 Heide, Kanskje i morgen, S. 232, 277 f.; Ottosen, Kvinneleiren, S. 272.
78 Heide, Kanskje i morgen, S. 281.
79 Interview mit einem dänischen Mauthausen-Häftling, in : Jens Bondesen : 25 år siden Dødslejrene [25
Jahre seit den Todeslagern], in : Aalborg Stiftstidende (4. 8. 1968) ; DRA, Udenrigsministeriet, gruppeord-
nede sager 1909–45, 84.G.5/332 b.
80 Informationen von Dennis Larsen (25. 9. 2019).
81 Informationen von Andreas Kranebitter (21. 11. 2011).
82 In dieser Gruppe waren u. a. Straßen- und Bauarbeiter sowie ein Sprengmeister, die für den Bau des
Verkehrstunnels am Loiblpass wichtige berufliche Erfahrungen mitbrachten.
83 Jensen, Den lange vej, S. 57, 58 ; NRA, Sosialdepartementet 1940–1945/S-2069/R-Kontoret/Kopier og
journal. Diverse/L0006.
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen