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246 | Božo Repe
den italienischen Gebieten dagegen erst nach Kriegsende erreicht werden ; der Assi-
milierungszwang in den ungarisch besetzten Gebieten lag zwischen den beiden Polen.
In allen Besatzungszonen litt die slowenische Bevölkerung unter systematischen Um-
siedlungen, der Deportation in Zwangsarbeits- und Konzentrationslager, der Zerstö-
rung ganzer Dörfer und Geiselerschießungen zur Abschreckung und als Vergeltung
für Partisanenaktionen sowie in annektierten Gebieten unter der Zwangsrekrutierung
in die jeweiligen Armeen. Aufgrund der besonderen geografischen Nähe zu Ungarn,
Österreich bzw. Deutschland und Italien, der komplexen historischen Beziehungen zu
diesen Staaten und auch aufgrund der ethnischen Heterogenität in den Grenzregionen
erscheinen die slowenischen Verhältnisse während des Zweiten Weltkrieges als beson-
ders schwierig.6
Noch im Sommer 1941 bildete sich eine slowenische Widerstandsbewegung (Osvo-
bodilna fronta slovenskego naroda) als Teil der jugoslawischen Befreiungsfront (Osvobi-
dilna fronte, OF). Obwohl in der OF verschiedenste politische Gruppierungen versam-
melt waren, besetzte die Kommunistische Partei Jugoslawiens (Komunistička Partija
Jugoslavije, KPJ) zentrale Positionen. Im Februar 1943 anerkannten alle Organisationen
der OF den Führungsanspruch der KPJ. Die KPJ strebte jedoch nicht nur die Befreiung
Jugoslawiens, sondern auch eine neue politische Ordnung an. Neben dem Partisanen-
heer als militärischem Arm des Widerstandes wurden auch politische und wirtschaft-
liche Institutionen etabliert. Im September 1943 organisierte die OF in den befreiten
Gebieten Wahlen, und die gewählten Delegierten wählten ihrerseits im Oktober 1943
eine slowenische Volksvertretung, dessen Präsidium als Regierung fungierte. Außer-
dem wurde ein eigenes Wirtschafts- und Währungssystem eingerichtet und ein Netz
von Untergrundinstitutionen – Krankenhäuser, Werkstätten, Druckereien und sogar
ein Wissenschaftsinstitut
– aufgebaut. Den politischen Zielen der KP widersetzten sich
die Reste der konservativen politischen Parteien der Vorkriegszeit und die katholische
Kirche unter der Führung des Bischofs von Ljubljana (Laibach), Gregor Rožman. Ideo-
logische Konflikte, die bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreichten, die Kollaboration
eines Teils der Bevölkerung mit den jeweiligen Besatzungsmächten, der Widerstand
der Partisanen, aber auch deren Gewalt gegen politische Gegner unter den Slowenen
führten zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen während und unmittelbar nach Ende der
Besatzung.7 Die Gesamtzahl der militärischen und zivilen Opfer während der Besat-
6 Tone Ferenc : Okupacijski sistemi med drugo svetovno vojno. Vol. 1 : Razkosanje in aneksionizem [Die
Okkupationssysteme während des Zweiten Weltkrieges. Bd. 1 : Aufteilung und Annexion], Ljubljana 2006
(Izbrana dela. Znanstvena zbirka Oddelka za zgodovino Filozofske fakultete v Ljubljani, 12) ; ders : Oku-
pacijski sistemi med drugo svetovno vojno. Vol. 3 : Nasilje in izkoriščanje gmotnih sredstev za potrebe
okupatorskih držav [Die Okkupationssysteme während des Zweiten Weltkriegs. Bd. 3 : Gewalt und finan-
zielle Ausbeutung für die Bedürfnisse der Besatzungsmächte], Ljubljana 2006 (Izbrana dela. Znanstvena
zbirka Oddelka za zgodovino Filozofske fakultete v Ljubljani, 14).
7 Jože Pirjevec/Božo Repe (Hg.) : Resistance, Suffering, Hope. The Slovene Partisan Movement 1941–1945,
Ljubljana/Trieste 2008 ; siehe auch Michael Portmann : Kommunistische Abrechnung mit Kriegsverbre-
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen