Seite - 271 - in Deportiert nach Mauthausen, Band 2
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271«Da
hat der Leidensweg erst begonnen …» |
auch wegen ihrer innenpolitischen Reformen10 unpopuläre Regierung.11 Der Putsch
kam einem Selbstmord des ökonomisch vom Deutschen Reich abhängigen, innen-
politisch instabilen und von der Achse eingekreisten Landes gleich.12 Tatsächlich be-
schloss Adolf Hitler, der den Umsturz als Affront empfand, trotz umgehender Loyali-
tätsbeteuerungen der neuen Belgrader Regierung noch am selben Tag, Jugoslawien zu
«zerschlagen».13 Damit sollte Südosteuropa endgültig «befriedet», der Zugriff auf seine
Rohstoff- und Arbeitskräfteressourcen erhalten sowie das Hinterland der demnächst
zu eröffnenden Ostfront abgesichert werden.14
Am 6. April 1941 griffen deutsche, italienische und ungarische Truppen ohne vor-
herige Kriegserklärung Jugoslawien an. Die ineffizient geführte, schlecht gerüstete und
demoralisierte jugoslawische Armee kapitulierte nach nur elf Tagen.15 Bereits im April-
krieg kündigte sich die Eskalation der Gewalt an, die später die deutsche Besatzungs-
herrschaft in Serbien kennzeichnen sollte : Die als «Operation Strafgericht» bezeichnete
Bombardierung der offenen Stadt Belgrad war eine gezielt gegen die Zivilbevölkerung
gerichtete Terrormaßnahme, mit der die unbotmäßigen Serben eingeschüchtert wer-
den sollten.16 Auch das strikte Verbot von «deutsche Interessen gefährdenden» Aktivi-
täten wie Hören nichtdeutscher Radiosender, Verteilen von Flugblättern oder Abhalten
öffentlicher Versammlungen, bei dessen Missachtung den Bürgern und Bürgerinnen
Jugoslawiens ein militärgerichtliches Verfahren drohte, fügt sich ins Bild.17 Außerdem
erhielt die Wehrmacht schon für den Aprilfeldzug den Auftrag, «mit den schärfsten
Mitteln» gegen etwaige Widerstands- und Sabotageakte vorzugehen.18
10 1939 gestand die Regierung der kroatischen Bevölkerung Jugoslawiens weitgehende Autonomierechte
in einer eigenen Banschaft Kroatien zu. Vgl. Ljubo Boban : Sporazum Cvetković-Maček [Das Cvetković-
Maček-Abkommen], Beograd 1965 (Odjeljenje za istorijske nauke, Serie 1) ; knapper Ljubodrag Dimić :
Serbien und Jugoslawien (1918–1941), in : Walter Lukan (Hg.), Serbien und Montenegro. Raum und
Bevölkerung, Geschichte, Sprache und Literatur, Kultur, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Recht, Wien
2005, S. 231–264, hier 262 f.
11 Vgl. Knoll, Jugoslawien, Kap. 2.
12 Vgl. Tomasevich, War and Revolution, Vol. 1, S. 54.
13 Vgl. Befehl Nr. 25 vom 27. 3. 1941, zit. in : Slavko Goldstein : Der Zweite Weltkrieg, in : Dunja Melčić (Hg.),
Der Jugoslawien-Krieg. Handbuch zu Vorgeschichte, Verlauf und Konsequenzen, Paderborn/Wiesbaden
1999, S. 167–184, hier 167.
14 Vgl. z. B. Sundhaussen, Wirtschaftsgeschichte, S. 60 u. 124.
15 Vgl. z. B. Walter Manoschek : «Serbien ist judenfrei». Militärische Besatzungspolitik und Judenvernich-
tung in Serbien 1941/42, München 1993 (Beiträge zur Militärgeschichte, 38), S. 18–21. Zum Zustand der
jugoslawischen Armee vgl. Tomasevich, War and Revolution, Vol. 1, S. 58–63.
16 Vgl. Detlef Vogel : Operation «Strafgericht». Die rücksichtslose Bombardierung Belgrads durch die deut-
sche Luftwaffe am 6. April 1941, in : Wolfram Wette/Gerd Ueberschär (Hg.), Deutsche Kriegsverbrechen
im 20. Jahrhundert. Festschrift für Manfred Messerschmidt, Darmstadt 2001, S. 303–308.
17 Vgl. Branko Petranović : Revolucija i kontrarevolucija u Jugoslaviji (1941–1945) [Revolution und Konter-
revolution in Jugoslawien (1941–1945)], Beograd 1983, Bd. 1, S. 35.
18 Vgl. Aus den Besonderen Anordnungen des Generalfeldmarschalls Maximilian von Weichs vom 8. April
1941 über die Bekämpfung des Widerstandes der serbischen Bevölkerung, zit. nach : Martin Seckendorf/
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen