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282 | Barbara N. Wiesinger
peker Bergwerk. In seiner anekdotisch strukturierten Erzählung vermischen sich
persönliche Erinnerungen mit Geschichten, die Vlada Buljubaša der Literatur über
Mauthausen bzw. Gesprächen mit anderen Überlebenden entnommen hat.87
Am Beginn von Vlada Buljubašas Verfolgungsgeschichte steht sein Engagement im
bewaffneten Widerstand. Er sei zu den Partisanen gegangen, «um [s]ein Vaterland zu
verteidigen.»88 Ideologische Motive hingegen spielten für ihn keine Rolle, denn Vlada
Buljubaša stellt sich zwar als Arbeiterkind und Proletarier dar, war aber nicht in der
KPJ aktiv.89 Nach einer Verwundung suchte er Schutz in der von verbündeten Tschet-
niks kontrollierten Ortschaft Žagubica. Wider Erwarten wurde er dort jedoch inhaf-
tiert und schließlich deutschen Soldaten übergeben. Vlada Buljubaša : «Sie haben uns
für Kleidung, für Essen, für Geld und … und für Munition verkauft, und für Waffen
haben sie uns verkauft.»90 Anschließend verbrachte er eine ungewisse Zeitspanne im
Lager Sajmište, worüber er nur berichtet, dass er sich dank seiner guten Kondition den
Schlägen der Wärter und den Attacken bissiger Hunde, mit denen die Neuankömm-
linge empfangen wurden, entziehen konnte.91 Mit Blick auf seine Haft im Lager Ban-
jica erzählt Vlada Buljubaša ausführlich von Gewalt gegen Mitgefangene92 und selbst
erlittenen Misshandlungen :
«Innerhalb von vier, fünf Tagen habe ich in Banjica hundert Schläge bekommen. Ich war am
Hintern schwarz wie schwarze Erde. Und mein Kopf [sic] war geschwollen, meine Nase war
eingedrückt, weil mich Krüger mit der Peitsche ins Gesicht geschlagen hat. […] Ich wollte
nichts zugeben. Nichts, nichts wollte ich zugeben. Und dank meiner Standhaftigkeit und
Sturheit […] bin ich am Leben geblieben. Alle anderen Leute hingegen sind zur Hinrichtung
gegangen.»93
Stattdessen wurde Vlada Buljubaša nach Mauthausen deportiert. Den Transport und
die Ankunft im Lager thematisiert er in seiner lebensgeschichtlichen Erzählung nicht
ausführlich. Stattdessen fokussiert der Biograf auf ein offenbar besonders erschrecken-
des und erniedrigendes Detail der Aufnahmeprozedur, nämlich die angedrohte Kastra-
tion :
87 Beispielsweise die Geschichte über den Ausbruch sowjetischer Gefangener im Winter 1945 oder jene
über die Erschießung von Häftlingen durch den Sohn des Lagerkommandanten Ziereis ; vgl. AMM,
MSDP, OH/ZP1/667, Interview Buljubaša.
88 Ebd.
89 Ebd.
90 Ebd.
91 Ebd.
92 Ebd.
93 Ebd. Der serbische «Volksdeutsche» Peter Krüger stieg vom Wärter zum Assistenten des Kommandanten
von Banjica auf. Vgl. Begović, Banjica, Bd. 2, S. 76.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen