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295Antisemitische
Verfolgung und antifaschistischer Widerstand im okkupierten Griechenland |
Widerstand und Repressalien
Während die drei Besatzungsmächte die griechische Wirtschaft, Industrie und Land-
wirtschaft plünderten und sämtliche Ressourcen in das jeweilige Heimatland verfrach-
teten, sorgten sie im Land nicht für den entsprechenden Ersatz. Zugleich verschärften
die britische Seeblockade und die Missernte des Sommers 1941 innerhalb kurzer Zeit
die Lebensmittelknappheit im Land. Die griechische Bevölkerung wurde mit dem Pro-
blem alleine gelassen, was in den Wintermonaten 1941/42 zu einer Hungerkatastrophe
führte, bei der allein in Athen fast 35.000 und im restlichen Land 90.000 Menschen
starben.11 Im Februar 1942 entschied schließlich das britische Kabinett, die Seeblo-
ckade aufzuheben ; doch das erste Schiff mit Getreide erreichte Griechenland erst im
August 1942.12
Aufgrund des verheerenden Hungerwinters und der steigenden Arbeitslosigkeit
sahen manche Griechen und Griechinnen im Arbeitseinsatz für das Deutsche Reich
einen Ausweg aus der Misere. Die ersten Transporte mit griechischen Arbeitskräften
erreichten das Reich im Frühjahr 1942. Ende des Jahres waren bereits 11.977 Personen
zur «Fremdarbeit» aus Griechenland abgereist, wovon 279 etwa in Linzer Betrieben
eingesetzt wurden.13 Generell war jedoch die Zahl der griechischen Arbeitskräfte im
Vergleich zu anderen Nationen eher klein, da die Militärverwaltung aus wirtschaftli-
chen und militärischen Gründen die männliche Bevölkerung bei Bauarbeiten inner-
halb Griechenlands einsetzte. Nur in der bulgarischen Besatzungszone war aufgrund
der Bulgarisierungsmaßnahmen seitens der Besatzer eine Abwanderung gewünscht
bzw. wurde sie von vielen als Fluchtweg genutzt.14
Der griechische Widerstandsgeist wurde bereits zu Beginn der Okkupation in indi-
viduellen, symbolischen Aktionen deutlich, die hauptsächlich von Jugendlichen getra-
gen wurden und sich in vielen Facetten zeigten, etwa als die Studenten Manolis Glezos
und Apostolos Sandas Ende Mai 1941 aus Solidarität mit Kreta die Hakenkreuzfahne
von der Akropolis holten und versteckten – ein Akt des Widerstandes, der schon da-
mals bis weit über die Grenzen Griechenlands hinaus bekannt wurde.15 So wurde etwa
Iakovos Kambanellis im Herbst 1943 bei seiner Ankunft im KZ Mauthausen von ande-
ren Häftlingen auf diesen Vorfall angesprochen :
11 Vgl. Richter, Griechenland im Zweiten Weltkrieg, S. 21.
12 Vgl. Mazower, Inside Hitler’s Greece, S. 47.
13 Vgl. Christian Gonsa : Griechen in Linz. Der «Arbeitseinsatz» bei den Reichswerken am griechischen
Beispiel, in : Oliver Rathkolb (Hg.), NS-Zwangsarbeit in der Industrie : Der Standort Linz der «Reichs-
werke Hermann Göring AG Berlin» 1938–1945. Bd. 1 : Zwangsarbeit – Sklavenarbeit. Politik-, sozial-
und wirtschaftshistorische Studien, Wien/Köln/Weimar 2001, S. 591–624, hier 594.
14 Vgl. Gonsa, Griechen in Linz, S. 598 f.
15 Vgl. Hagen Fleischer : Im Kreuzschatten der Mächte. Griechenland 1941–1944 (Okkupation – Resis-
tance – Kollaboration), Frankfurt a. M./Bern/New York 1986 (Studien zur Geschichte Osteuropas, 2),
S. 81 f.
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen