Seite - 297 - in Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Bild der Seite - 297 -
Text der Seite - 297 -
297Antisemitische
Verfolgung und antifaschistischer Widerstand im okkupierten Griechenland |
Ausrichtung der EAM/ELAS als auch an der antikommunistischen Haltung des EDES.
Da Großbritannien in der kommunistischen EAM eine Gefahr für die Nachkriegsord-
nung in Griechenland sah und infolgedessen den EDES finanziell und politisch unter-
stützte, war der im Dezember 1944 zwischen Linken und Rechten offen ausbrechende
Bürgerkrieg schon während der Okkupation vorgezeichnet.22
Nachdem es den Partisanen ab Mai 1943 gelungen war, die zentralen Bergregionen
Griechenlands unter ihre Kontrolle zu bringen, beschränkte sich das tatsächlich von
den Okkupationsmächten beherrschte Territorium auf die griechischen Ballungsräu-
me.23 Zur EAM ist anzumerken, dass sie nicht nur militärische Ziele verfolgte, sondern
in den von ihr kontrollierten Bergdörfern während des Krieges umfassende sozial-
politische Maßnahmen umsetzte, die der Demokratisierung und Gleichstellung von
Mann und Frau dienten.24 Auch in Athen nahm der Einfluss der EAM stetig zu und
wurde ab dem Frühjahr 1943 in Streiks und Demonstrationen sichtbar. 1944 zählte
die EAM schätzungsweise zwischen 500.000 und zwei Millionen Mitgliedern und wies
einen hohen Prozentsatz an Jugendlichen und Frauen auf. Zudem waren die ELAS-
Truppen etwa fünf Mal größer als die EDES-Partisanenverbände.25
Nach dem italienischen Waffenstillstand mit den Alliierten steigerte die ELAS
ab Herbst 1943 ihre Angriffe gegen die deutschen Truppen, worauf die Wehrmacht
einer seits kollaborierende griechische Sicherheitsbataillone einsetzte und andererseits
versuchte, einen innergriechischen Bürgerkrieg zwischen EDES und ELAS zu provo-
zieren. Als Reaktion auf den militanten Widerstand führte die Wehrmacht «Sühne-
maßnahmen» durch, denen die Bevölkerung massenweise zum Opfer fiel, da die SS für
einen toten deutschen Soldaten 50
Griechen ermordete und in der Regel weder Kinder
noch Frauen verschonte.26 Im August 1943 zerstörten Wehrmachtseinheiten das Dorf
Kommeno, obwohl sie dort weder auf Partisanen noch auf bewaffneten Widerstand
aus dem Dorf gestoßen waren, und töteten 317 Personen.27 Im Dezember 1943 ermor-
deten Wehrmachtseinheiten 696 Griechen, darunter die gesamte männliche Bevölke-
rung des Dorfes Kalavryta, und zerstörten weitere 25 Dörfer, nachdem 78 deutsche
Soldaten von Partisanen entführt und ermordet worden waren.28 Im Frühjahr 1944
wurden in Distomo 228 und in Klisoura 215 Menschen ums Leben gebracht.29 Einem
22 Vgl. Clogg, Geschichte Griechenlands, S. 158 und 163.
23 Vgl. Gallant, Modern Greece, S. 170.
24 Vgl. Richter, Griechenland im Zweiten Weltkrieg, S. 26 f.
25 Vgl. Mazower, Inside Hitler’s Greece, S. 136 f. und 141.
26 Vgl. Richter, Griechenland im Zweiten Weltkrieg, S. 23.
27 Vgl. Walter Manoschek : Kraljevo – Kragujevač – Kalavryta. Die Massaker der 717. Infanteriedivision
bzw. 117. Jägerdivision am Balkan, in : Loukia Droulia/Hagen Fleischer (Hg.), Von Lidice bis Kalavryta.
Widerstand und Besatzungsterror. Studien zur Repressalienpraxis im Zweiten Weltkrieg, Berlin 1999
(Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939–1945, 8), S. 93–104, hier 94.
28 Vgl. Mazower, Inside Hitler’s Greece, S. 179.
29 Vgl. Manoschek, Kraljevo – Kragujevač – Kalavryta, S. 95.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
zurück zum
Buch Deportiert nach Mauthausen, Band 2"
Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen