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300 | Katrin Auer
sondern auch die jüdische Bevölkerung zur Zwangsarbeit herangezogen werden solle.42
Das Wehrmachtskommando führte daraufhin am 11. Juli 1942 in Thessaloniki die Re-
gistrierung männlicher Juden zur Zwangsarbeit durch – mit Schikanen und Demüti-
gungen, wie sich auch Heinz Kounio erinnert :
«Es werden alle Juden Thessalonikis im Alter von 18 bis 40 eingeladen, sich auf der Platia
Eleftherias zu versammeln, und dort waren die ersten harten Maßnahmen. Unter einer sehr
heißen Sonne, es war ein Jahr, in dem es sehr viel Sonne hatte, Hitze, dreiundvierzig Grad
hatte es erreicht, sie ließen sie dort aufrecht stehen ohne Wasser, ohne ihnen irgendetwas zu
geben, für sechs, sieben Stunden vom Morgen an und freilich mit Zuschauern.»43
Aufgrund der Arbeits- und Lebensbedingungen verstarb ein Großteil der Männer an
Lungenentzündung, weswegen der jüdischen Gemeinde von deutscher Seite der Vor-
schlag gemacht wurde, die noch lebenden Arbeiter um 10.000 Goldpfund freizukaufen.
Im Oktober 1942 wurde die Zwangsarbeitspflicht schließlich wieder aufgehoben.44
Im Dezember 1942 befahl Hitler, die Deportation der griechischen Juden und Jü-
dinnen aus der deutschen Zone ins Generalgouvernement vorzubereiten. Alle anti-
jüdischen Maßnahmen sollten vom SD-Sonderkommando (unter der Führung von
Dieter Wisliceny und seinem Stellvertreter Alois Brunner), unterstützt von der Militär-
verwaltung (unter Max Merten), durchgeführt werden. Die deutsche Gesandtschaft
(mit Günther Altenburg) hatte keine Zuständigkeiten in diesem Bereich.45 Die Wehr-
macht wirkte in dieser Phase aktiv mit, etwa als Generaloberst Alexander Löhr im
Dezember 1942 versuchte, von den Italienern die Einwilligung zu Deportationen aus
ihrem Besatzungsgebiet zu erhalten.46
Im Februar 1943 wurde in der deutschen Zone Juden und Jüdinnen – ausgenom-
men jenen mit nichtgriechischer Staatsangehörigkeit – die Mitgliedschaft in Vereinen,
die Benutzung von Telefonen und öffentlichen Verkehrsmitteln verboten sowie die
Umsiedelung in ghettoähnliche Bezirke, das Tragen des Judensterns, ein nächtliches
Ausgehverbot und die Kennzeichnung jüdischer Häuser und Geschäfte angeordnet.47
Oberrabiner Zvi Koretz, der unmittelbar nach der Okkupation Griechenlands verhaftet
und fast ein Jahr lang in Wien inhaftiert war, wurde nach seiner Rückkehr nach Thessa-
loniki zum Präsidenten des Judenrates ernannt. Da er den deutschen Versprechungen
Glauben schenkte, die griechischen Juden und Jüdinnen hätten im Generalgouverne-
ment eine positive Zukunft vor sich, verbot Koretz den Mitgliedern seiner Gemeinde
jegliche Art von Widerstand oder Fluchtversuchen. Außerdem wurde ein «Jüdischer
42 Vgl. ebd., S. 250.
43 AMM, MSDP, OH/ZP1/630, Interview Kounio, Z. 197–205.
44 Vgl. Fleischer, Im Kreuzschatten der Mächte, S. 365.
45 Vgl. Fleischer, Griechenland, S. 252.
46 Vgl. Mazower, Inside Hitler’s Greece, S. 241.
47 Vgl. Mazower, Salonica, S. 430.
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Deportiert nach Mauthausen
Band 2
- Titel
- Deportiert nach Mauthausen
- Band
- 2
- Autoren
- Gerhard Botz
- Alexander Prenninger
- Regina Fritz
- Herausgeber
- Melanie Dejnega
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21216-4
- Abmessungen
- 16.8 x 23.7 cm
- Seiten
- 716
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen