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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 320 -
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320 | Irina Scherbakowa Der Glaube an den Sieg ist auch dadurch zu erklären, dass die Rolle und Mission der Roten Armee sowie insbesondere ihre Funktionen zum Schutz der Grenzen einen hohen Stellenwert im Bewusstsein der Jugend hatten. In diesem Zusammenhang muss man versuchen sich vorzustellen, welchen Zusammenbruch der sowjetischen Mytho- logie die ersten Kriegsmonate zur Folge hatten, als die deutschen Armeen diese un- überwindlich geglaubten Grenzen mit solcher Leichtigkeit überrannten. Der Armee-Kult begann schon in früher Kindheit. Zu den Feiertagen kamen Militärs in die Kindergärten und Schulen. Die Pionierorganisation war ab Mitte der 1930er Jahre fast eine militärische Vereinigung. Die sommerlichen Pionierlager nutzte man zur mili- tärischen Erziehung und alle Kinderspiele hatten militärischen Charakter. Fast in allen sowjetischen Vorkriegsfilmen sind die Haupthelden immer Militärangehörige. Sie gehen entweder zur Armee oder kommen von dort zurück. Man bereitete sich auf die Verteidi- gung von Feinden vor und beschwor die Unbesiegbarkeit der Roten Armee. Ein weiteres charakteristisches Merkmal dieses Mythos war, dass man sich ständig auf einen unum- gänglichen Krieg vorbereiten musste, aber mit einem vollkommen abstrakten Feind. Ge- nauso verwaschen und abstrakt blieb bis zum 22. Juni 1941 das Bild des Feindes. (Auch der Hitler-Stalin-Pakt brachte in die Köpfe ein Chaos, das nach dem Einmarsch der Deutschen schlimme Folgen hatte  – auf diesen Feind war man doch nicht vorbereitet.) Hunger und Terror vor dem Krieg Bei allem Glauben an die Sowjetmacht, an Stalin, an den Kommunismus erlebten viele der Befragten (und das war auch wichtig für ihre späteren Erfahrungen im Krieg) schon vor dem Krieg Hunger und Repressalien, die direkt ihre eigenen Familien be- trafen. Die Erinnerungen an den schweren Hunger prägten das frühe Kindheitsbild vieler Interviewter, aber ganz besonders von denen, die aus den Dörfern kamen, wo die Hungersnot von 1932/33 Millionen Opfer gekostet hatte. Sergej Driga, Jahrgang 1916, konnte sich sogar noch an die Hungersnot während des Bürgerkriegs erinnern : «Aufgewachsen bin ich […] in einer sehr armen, sehr armen [Familie]. Ja, manchmal denke ich noch an die Hungersnot im 22er Jahr, wie wir hungrig auf dem Ofen gesessen sind. Meine Mutter hat was Essbares gesucht, der Vater hat schon dagelegen, aufgedunsen […], und [die Mutter] hat uns was gebracht. An die Hungersnot ’33 kann ich mich auch erinnern, ja. Na, da war ich schon erwachsen, war schon achtzehn oder neunzehn. Ja, da kannte ich mich sozu- sagen schon gut aus und [wenn es nötig war], da hab ich mir selbst was zu essen besorgt.»10 Wassili Dubinin wurde 1924 geboren und erlebte die Hungersnot von 1932/33 als Kind im heutigen Gebiet Belgorod im westlichen Russland : 10 Ebd., Z. 31–38. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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