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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 325 -
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325Schicksale der Häftlinge aus der Sowjetunion | Organe die Gefangenschaft rechtfertigen konnten. Auch die Tatsache, dass sie im Kon- zentrationslager waren, galt nicht als entschuldigend, insbesondere für die Offiziere. Das hatte traumatische Wirkungen und beeinflusste die Darstellung der Gefangen- nahme in den Erzählungen. Aber trotz mancher Verdrängungen und Verschweigungen, die mit der tief sitzenden Angst verbunden sind, wird doch die Situation ersichtlich, die die meisten, die am Anfang des Krieges schon an der Front waren, erlebten  – mehr- tägige Märsche, auf denen sich das Ziel ständig änderte und immer unklarer wurde ; Zusammenstöße von schlecht ausgebildeten, in der Eile zusammengeführten Einhei- ten mit sehr schnell eindringenden deutschen Truppen ; Chaos und Zusammenbruch der Fronten. Ihre Erzählungen sind daher ein sehr anschaulicher Beweis dessen, was man dem heutigen gefälschten und geglätteten Bild des Großen Vaterländischen Krie- ges und der Glorifizierung der Rolle Stalins entgegenstellen kann. Flucht, Panik, zu der die Angst vor Verantwortung und Entscheidungen kommt, die auch durch die Folgen des Großen Terrors (die Vernichtung der fähigen Armeeführung) zu erklären sind, das ist das typische Bild, das alle von uns befragten Kriegsgefangenen geschildert haben. Sergej Driga geriet im Sommer 1942 nach dem Fall von Sewastopol in Gefangen- schaft, wo er während der achtmonatigen Belagerung seit November 1941 als Scharf- schütze eingesetzt gewesen war und vor dem Fall noch hinter die deutschen Linien gelangte : «Und wir wurden verladen und irgendwohin gebracht, hinter die Mackenzie-Berge, das heißt, zu Fuß sind wir gegangen. Hinter die Mackenzie-Berge, dort also wollten sie, dass wir den Feind umgehen oder wollten sie uns irgendwo absetzen. Die Kommandeure wussten es, wir nicht. Ja. Aber in der Nacht war’s, in der Nacht. Und in der Morgendämmerung haben sie uns in zwei Teile geteilt, die einen sind in die eine Richtung, die anderen in die andere. Und dann waren wir schon/. Wir wussten nicht, wohin und was los war, Verbindung hatten wir keine, nichts. Und wir sind also selbständig durchgebrochen, nicht gruppenweise, sondern so, zu zweit, zu dritt. Zu zweit, zu dritt. Und, äh, Dings, unterwegs kamen wir in eine Siedlung. In eine Siedlung. Wir sind also hinein, ja, nachts, haben niemanden geweckt, wir sind in eine Schlucht, liegen da, beobachten, was weiter passiert, ja. Wie es am Morgen dämmerte, da haben wir schon gesehen, dass rundherum schon gekämpft wird. Und wir waren hier, hinter der Front.»21 Driga besorgte sich in einem Dorf Zivilkleidung und versteckte sich, wurde jedoch bald darauf von deutschen Soldaten verhaftet. Auch Wassili Dubinin berichtet von ei- ner wilden Flucht, nach der er sich ebenfalls Zivilkleidung besorgte : «Aber am späten Nachmittag kam der Befehl : Rückzug, Zurückziehen. Die Truppen zogen sich bereits zurück, die unsrigen […]. Wir hatten dort 30.000 Menschen in den Gräben. Nun, unsere Truppen waren auf dem Rückzug. Vielleicht gehört es sich nicht, das zu sagen, aber 21 AMM, MSDP, OH/ZP1/259, Interview Driga, Z. 166–179. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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