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Deportiert nach Mauthausen, Band 2
Seite - 327 -
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327Schicksale der Häftlinge aus der Sowjetunion | henen irrten durch Dörfer und Siedlungen, versteckten sich wie Driga und Dubinin bei den Einwohnern, zumeist Frauen, und wurden erst später, häufig verraten durch Nachbarn, an die Ortspolizei ausgeliefert.26 Manche gerieten mit den Transporten der zivilen Zwangsarbeiter in das Deutsche Reich, wurden dort in Arbeitslager gebracht und dann wegen erneuter Fluchtversuche oder aus anderen Gründen ins Gefängnis gesteckt und nach Mauthausen (oder davor in andere KZ) gebracht. Diese Erlebnisse sind unterschiedlich, einige erzählen offen und aufrichtig über Chaos und Irrungen, bei anderen spürt man nach wie vor die Jahrzehnte währende Angst, darüber zu sprechen, aber im Grunde beschreiben alle ehemaligen Kriegsgefan- genen ihre Flucht und Gefangennahme, die Hoffnungslosigkeit, dann den Hunger, die Seuchen und das Massensterben der Gefangenen an den Sammelplätzen unter freiem Himmel, wo Hundertausende untergebracht wurden. In dieser Situation war Verrat und Auslieferung von jüdischen Kameraden und Politkommissaren kein seltener Fall, aber davon wird aus oben erwähnten Gründen selten, wie in dem folgenden Abschnitt aus dem Interview mit Michail Rybtschinskij, offen berichtet. Rybtschinskij war im Mai 1942 bei Charkow (Charkiw) in Gefangenschaft geraten. Bereits im ersten Sam- mellager hatte er seinen jüdisch klingenden Vatersnamen Lwowitsch in Leontewitsch geändert. Im Lager Berditschew (Berdytschiw) gab es erneut eine Selektion : «Ich steh da, in Berditschew, wir wurden alle hinausgejagt, zur Kontrolle, und sie führten/ also da waren deutsche Pferde, also ein Wagen, auf dem Wagen ein Maschinengewehr, Schau- feln und dahinter, in Unterwäsche, marschieren welche zur Hinrichtung. Na, Kommissare, Juden, ja, von unseren Generälen waren alle Ju/ viele. Ja. Verstehen Sie ? Und ich steh da mit Kostja Kosotun [Katasonov ?], das war der Sohn des Artilleriekommandanten, na, ein sym- pathischer Kerl war das, und er sagt zu mir : ‹Um diese Juden tut’s mir nicht leid. [lacht] Um diese zwei Kommissare tut’s mir leid.›»27 Derselbe Michail Rybtschinskij28 erzählt auch davon, dass die Deutschen die Kriegs- gefangenen nach dem Nationalitätenprinzip zu teilen versuchten, aber das hatte wohl keine Folgen für die Verbesserung ihrer Lage (so scheint es im Falle der Russen, Weiß- russen und, wie wir hier sehen, auch der Ukrainer gewesen zu sein). «Als wir nach Wladimir-Wolynski geschickt wurden, hat er [der Deutsche] das so gemacht : Die Russen kamen hierhin, die Ukrainer dorthin, nach Nationalität getrennt. Juden und Kommissare waren natürlich nicht eingeplant. […] Wir sind, ein paar Leute von uns, zu den 26 Vgl. Vsevolod Osten : Vstan’ nad bol’ju svoej. Povesti [Erhebe dich über deinen Schmerz. Erzählungen], Kaliningrad 1995. 27 AMM, MSDP, OH/ZP1/604, Interview mit Michail Lwowitsch Rybtschinskij, Interviewer : Kirill Wasi- lenko, Kiew, 19. 10. 2002, Übersetzung, Z. 211–220. Zu den Selektionen von Juden und Kommissaren in Berditschew vgl. Pohl, Herrschaft der Wehrmacht, S. 233 und 270. 28 Er war am Anfang des Krieges schon in der Armee als Leutnant. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Deportiert nach Mauthausen Band 2
Titel
Deportiert nach Mauthausen
Band
2
Autoren
Gerhard Botz
Alexander Prenninger
Regina Fritz
Herausgeber
Melanie Dejnega
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21216-4
Abmessungen
16.8 x 23.7 cm
Seiten
716
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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